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doch das bisher Ausgeführte in bemerkenswerter Weise illustrieren, namentlich was die Entwickelung zum Individuellen hin betrifft.

Die Malerei der ersten Jahrhunderte steht völlig unter dem Banne des Christentums. Die Technik ist nicht verschieden von der antiken; aber das Christentum stellte sich doch anders zur Kunst, als das klassische Altertum es gethan hatte. Ihm widersprach seinem Ursprunge und Wesen nach die Bilderverehrung der antiken Religionen; erst durch heidnische Einflüsse drang dieselbe allmählich in den christlichen Kultus ein. Auch ist es eine leicht erklärbare, besonders aus der jüdischen Mutterstätte herzuleitende Thatsache, daß das Christentum anfangs überhaupt kein Kunstbedürfnis hatte. Erst als das spezifisch Jüdische gehoben war und auch gebildete Griechen und Römer das Christentum angenommen hatten, mußte auch diese Einseitigkeit fallen. In den Coemeterien und Katakomben der ersten drei Jahrhunderte begegnet uns rein dekorative Kunst, leichtes Weingerank mit Eroten, aber auch Reste von Landschaften z. B. im ältesten Teile des Coemeterium der Domitilla in Rom; Hirten, Fischer und biblische Darstellungen bilden den Deckenschmuck. Das Deckenbild aus S. Lucina (2. Jahrh.) enthält in der Mitte wahrscheinlich den guten Hirten, ringsum, alternierend, je zwei Bilder von diesem und der betenden Madonna, sonst aber innerhalb reizender Felderteilung Zweige mit Blättern und Blumen, Vögel, Masken und schwebende Genien.

Auch in der byzantinischen Malerei wirkt das Antike noch nach, wie besonders in einem Psalterium nebst Kommentar mit 14 großen Bildern: David als Hirte, eine schöne Frauengestalt, die Melodie darstellend, lehnt sich mit dem linken Arm auf seine Schulter, der Kopf einer Nymphe lauscht gegenüber aus dem Gebüsche hervor, und vorn unter einem Felsen ruht in kühner Stellung der Berggott Bethlehem, daneben Schafe, Ziegen am Wasser, eine Landschaft mit antiken Gebäuden, Brunnen und Bergen bildet den Hintergrund; die Auffassung ist hochpoetisch.

Personifikationen kehren auch sonst wieder, und in ihnen lebt noch antike Schönheit und Anmut mitten unter den strengen christlichen Gestalten fort.

Mit dem Ende des zehnten Jahrhunderts beginnt die Periode des romanischen Stils, die im dreizehnten abschließt. Der glänzende Aufschwung, den die Baukunst nimmt, wirkt auch bahnbrechend für die übrigen Künste; der an der Gesetzmäßigkeit der Architektur geschulte Geist sucht auch bei der Gestaltung der organischen Natur nach Gesetzmäßigkeit der Erscheinung und kann bei der alten Unsicherheit und Willkür der Formen nicht bestehen bleiben. Da es ihr aber an selbständigem Naturgefühl

im weitesten Sinne des Wortes fehlt, behandelt die mittelalterliche Kunst die aus der Natur1 genommenen Erscheinungen nicht nach deren eigenen Gesetzen, sondern überträgt auf sie das Gefühl für architektonische Ordnung und Gesetzmäßigkeit. Mit der Entwickelung des gothischen Stils, vom 13. Jahrhundert an, wird die Kunst ein bürgerliches Geschäft, ein Erwerbszweig. Die Künstler stehen mitten im Leben, sie verkehren mit der Natur und nehmen ihre Eindrücke auf; ihre Phantasie ist von der Dichtung mit neuen Vorstellungen und Empfindungen erfüllt worden und wird immer aufs Neue von der Festlust der Zeit, der selbst alle Vorkommnisse im kirchlichen Leben und im Staatsleben zum Schauspiele wurden, genährt. Ein Zug der Lebenslust, der üppigen, oft derbsinnlichen Genußfreude durchdringt alle Klassen und bleibt selbst dem geistlichen Stande nicht fremd. Die bisherige Kunst hat wesentlich nur einen Ausdruck gekannt: den der Feier, der kirchlichen Strenge, der gottbewußten Erhabenheit. Diese ist jetzt erloschen. Die starke religiöse Empfindung, welche das ganze Mittelalter durchdringt, waltet auch jetzt noch, ja sie ist der Zeitstimmung entsprechend sogar zu einer erregten Begeisterung gesteigert. Aber der Mensch unterwirft sich ihr nicht mehr blindlings, jedes eigenen Willens sich entäußernd, sondern nimmt sie

1 D. h. die Natur als Inbegriff aller körperlichen Erscheinungen.

in sein Bewußtsein auf. Freilich bleibt die Naturkenntnis auch jetzt noch eine sehr bedingte; der Maler gelangt noch nicht dazu, die Natur zu ergründen und zu bewältigen, aber er öffnet ihr gegenüber so weit das Auge, wie das Empfindungsleben, auf dessen Darstellung er ausgeht, es verlangt; denn nicht um ihrer selbst willen, sondern nur als das Mittel, um bestimmte Empfindungen auszudrücken, werden die Dinge der Wirklichkeit wiedergegeben ganz analog der Poesie, wie wir gesehen haben. Ja, es machen sich Anfänge des Realismus kenntlich, wenn auch das Individuelle z. B. in der Darstellung von Tieren nicht erreicht wird. Eine neue französische Schule erblüht seit Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Die Beobachtung des Lebens wird genauer und schärfer, meist auf das Milde und Anmutige gerichtet. Erst am Schlusse der Periode hat der malerische Sinn das Bedürfnis, auch den Hintergrund auszubilden, durch Bäume von konventioneller Form, Hügel, Gebäude gotischen Stils und blauen Himmel die reale. Umgebung anzudeuten, wobei in der Linienperspektive nur getastet wird, während die Luftperspektive gänzlich fehlt. In den Initialen und den Randverzierungen waltet der frühere Geschmack fort; das Dornblattmuster, dem sich nach und nach kleine farbige Blümchen einfügen, wird von Vögeln, gelegentlich von Engeln, belebt.

Am Ende des vierzehnten Jahrhunderts ist in dem kölnischen Tafelbilde die Auffassung subjektiver und von lyrischer Empfindung durchdrungen. Der poetische Sinn kommt ganz besonders in Madonnenbildern rein idyllischen Charakters zur Geltung, für welche überraschend anmutige Situationen erfunden werden. Da ist Maria nicht thronend und feierlich dargestellt, sondern traulich sitzt sie mit dem Kinde innerhalb eines Gartengeheges auf blumigem Rasen, dessen Halme und Blümchen schon sauber und natürlich ausgeführt sind, mag sich auch im Hintergrunde statt der Landschaft der Goldgrund entfalten, und um sie sammeln sich Heilige. Ein Bildchen im städtischen Museum zu Frankfurt a/M. (Prehn'sches Kabinet Fig. 118) zeigt Folgendes: Im Rosengarten,

den eine Mauer mit Zinnen gegen außen abschließt, unter Obstbäumen, die von Vögeln belebt werden, sitzt die heilige Jungfrau und liest in einem Buche; ein Tisch mit Speise und Trank steht neben ihr. Während sie ganz in fromme Betrachtung versunken ist, warten drei heilige Damen ihres Gesindes der weltlichen Geschäfte; eine schöpft Wasser am Brunnen, eine zweite pflückt Kirschen, eine dritte nimmt sich unterdessen des Christuskindes an und unterrichtet es im Citherspiel. Das Ganze ist zweifellos von echtem Gefühl eingegeben und das Landschaftliche nicht ohne Verständnis der Hauptbegebenheit angefügt.

Also auch die Malerei, soweit sie das Landschaftliche zur Behandlung heranzieht, kommt trotz mancher Anzeichen von individuellerem und realistischerem Bestreben über mehr oder weniger der Hauptdarstellung angepaßte Hintergründe nicht hinaus, Baum und Fels und Wiese und Blumen sind nur Rahmen, nur Ornament wie in der Lyrik der Minnesänger.1

1 Auch LUDWIG KAEMMERER resumiert in seinem Buche,,Die Landschaft in der deutschen Kunst bis zum Tode Albrecht Dürer's" Leipzig 1880 welches mir erst jetzt während der Korrektur zugeht das über die Malerei der voreyckischen Periode Gesagte S. 40 also: „Das Einzelstudium der Natur hat begonnen, aber die Versuche, die einzelnen Elemente zu einem perspektivisch vertieften landschaftlichen Bildhintergrunde zu verschmelzen, verraten in allen Stücken noch die Unsicherheit und Befangenheit dilettantischer Kunstübung."

Viertes Kapitel.

Der Individualismus und das sentimentale
Naturgefühl in der Renaissance.

ohl immer haben die Lebenden die Zeit, der sie ange

hörten, in gewissem Sinne als eine Übergangsepoche empfunden, denn allemal wird Altes überwunden und stirbt ab und wird Neues gewonnen. Aber es giebt Grenzsteine auf dem Wege der gesamten Kulturentwickelung, welche einen ganz bestimmten Abschnitt markieren und eine Scheide ziehen zwischen dem, was bisher gewesen und gegolten, und dem, was dann zu gelten beginnt. Einen solchen Wendepunkt bezeichnet in der antiken Welt der Hellenismus, im Mittelalter die Renaissance.

Es ist sehr lehrreich, die großen Übereinstimmungen beider Zeiten zu vergleichen, auch wenn man die Verschiedenheiten eines hellenischen und eines italienischen, eines antiken und eines modernen Menschen festhält die allerdings nicht absolute, sondern nur relative sind.

Hellenismus und Renaissance gewinnen an Klarheit und Schärfe ihrer kulturgeschichtlichen Umgrenzung, wenn man die verwandten Symptome, die ihre Zeit bewegen, in Parallele setzt. auch hinsichtlich ihres Naturgefühls.

Sie sind Epochen, in denen die Eiskruste, welche bisher über dem Denken und Empfinden der Menschheit lag, wie unter dem belebenden Hauche eines Frühjahrswindes sich löst; wohl ist die Weltanschauung, welche fortan zu herrschen beginnt, keine absolut neue; das Wachstum der Völkerkultur ist immer ein orga

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