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Fehlerhafte Auslassung des e der Flerionsendung wirkt weit störender auf das Gefühl für Wohllaut und Wohlklang:

Bspl. Und wieder fühlt ich mich umwallen des Geists Gewalt.

Rückert. Wir schwören, stehn zu wollen den Geboten des
Lands, des Mark wir tragen in den Röhren. Rückert.
Wie lang willst du dich winden unter deines Feinds
Triumph rads Speichen? Rückert.

Anstößige Auslassung des e findet man am häufigsten in den Versuchen, die Versarten der griechischen und römischen Klassiker nachzubilden. Da die deutsche Sprache keinen eigentlichen Spondäus hat; da fie in ihrer Wortbildung und Wortbiegung die zweitheiligen Füße, Jambus und Trochäus, den dreitheiligen vorzieht, und unter diesen nur den Daktylus und Amphibrachys aufzuweisen hat, während unter den viertheiligen Füßen namentlich der erste Päon (freundlichere, glänzenderes) dem Wohlflange zuwider ist: so konnten die alten Versarten in der Ausdehnung, wie es geschehen ist, nicht mit vielem Glück nachgebildet werden, und die Versuche, ungeeignete Versarten nachzubilden, mußten nothwendig unschöne Formen, phonetische und rhythmische Mängel herbeiführen.

Was den vorliegenden Gegenstand betrifft, werden diese Mängel besonders in dem Falle sehr fühlbar, wenn die Versart die Aufeinanderfolge zweier volltonigen Silben ohne Unterbrechung durch eine Gedankenpause fordert; denn einestheils können Versfüße dieser Art oft nur auf Kosten des Wohllauts beschafft werden und anderntheils verträgt sich die Berührung zweier volltonigen Silben felten mit den Anforderungen des rhythmischen Ebenmaßes:

Bspl. In den Armen des Freunds wissen ein Freund zu

sein. Klopstock. Leichteres Schwungs flieget er hin. Klopstock. Wie sie herschwebt an des Quells Fall. Klopstock. Sich des schallenden Walds Wipfel. Klopstock. Gotts Wille geschehe. Collin. Unsres Leibs Blutströme. I. H. Voß. Des vollen Monds Aufgang. J. H. Voß. Nicht wichtig er selbst und des Streits unwerth. Grf. Platen. An des südlichen Meers Felsufer. Grf. Platen. Frei des Grams, welcher des Leibs Wohner befängt. A. Kopisch.

F. C. Honcamp.

Geschichte des Sommernachtstraums.

(Fortsetzung zu Band XI, Heft 3. u. 4.)

Es ist bekannt, daß Wieland den Stoff zu seinem Oberon aus dem französischen Ritterbuche „Hüon von Bordeaur" schöpfte, welchen der Graf Treffan in einem freien Auszuge bearbeitet hatte. In diesem Ritterbuche tritt bereits Oberon auf; aber der Elfenkönig, wie er bei Wieland erscheint, ist nach des Dichters eigner Bemerkung „mit dem Oberon, welcher in Chaucers Merchant's Tale und Shakspeare's Midsummer-Nights-Dream als ein Feens oder Elfenkönig erscheint, eine und ebendieselbe Person"*). Die Art, wie die Ge= schichte seines Zwistes mit Titania, bemerkt Wieland ferner, in die Geschichte Hüons und Regia's eingewebt worden, scheint mir mit Erlaubniß der Kunstrichter die eigenthümlichste Schönheit des Plans und der Composition dieses Gedichts zu sein. Damit gesteht Wieland, daß er zunächst den Zwist zwischen Oberon und Titania, welchen der Sommernachtstraum schildert, von Shakspeare oder Chaucer entlehnt habe. In dem Ritterbuche Hüon von Bordeaur kommt Titania gar nicht vor; Oberon selbst erscheint hier als Zwerg von 3 Fuß Höhe mit einem engelschönen Gesichte, der die seltsamsten Zaubereien hervorbringt, wie sie auch Wieland schildert; er ist der Sohn des Julius Cäsar und wurde bei seiner Geburt mit verschiedenen Feengaben ausgestattet. Er besigt jenes wunderbare Horn und einen zauberhaften Becher, den Hüon von ihm erhält. Den Hủon liebt Oberon so sehr, daß er sterbend ihn zu seinem Erben im Elfenreiche einseßt. Die große Zuneigung des Oberon zu Hüon ist in dem

*) Wielands Werke herausgeg. von J. G. Gruber 23 p. IV.

Ritterbuche durchaus unmotivirt. Es war daher wirklich ein Kunstgriff Wielands, daß er die Liebe des Elfenkönigs zu Hüon und Regia dadurch motivirte, daß er seine Wiedervereinigung mit Titania von der Treue Hüons und Regia's abhängig machte. Obwohl nun Wieland bei der Zeichnung des Oberon das Ritterbuch nicht gänzlich verließ (der schöne Zwerg, das Horn und der Becher beweisen dieß), so sind doch mehr Züge, die der Charakter des Wieland'schen Oberon trägt, der Shakspeare'schen Dichtung entlehnt. Denn abgesehen von dem Zwiste hat auch im Sommernachtstraum Oberon ein Interesse für die Liebenden, für Theseus und Hippolyta, für die unglücklich liebende He= lena, und das gutmüthige Wesen, welches Wieland an seinem Oberon so stark hervortreten läßt, hat der Elfenkönig schon im Sommernachtstraum. Wieland hat die Gutmüthigkeit Oberon's in dem Maße erhöht, als Oberon's Interesse für Hüon und Regia mit seinem eigenen Glücke, der Wiedervereinigung mit Titania nämlich auf das Engste zusammenhängt: der Elfenkönig äußert daher seine Theilnahme für Hüon öfter in Thränen. Ueberhaupt besißt der Oberon Wielands ein tieferes moralisches Bewußtsein als der Oberon des Sommernachtstraums; jener sagt ausdrücklich zu Hüon, daß seine Strafgewalt nur befleckte Seelen treffe (2, 40). Damit hängt denn zusammen, daß bei Wieland an Oberon's Person sich eine Schicksalsidee knüpft. Hüon nennt den Oberon Schicksal, Vorsehung (vgl. 7, 73) und Oberon sagt ausdrücklich (10, 20):

Der Erdensohn ist für die Zukunft blind:

Wir selbst, Du weißt es, sind

Des Schicksals Diener nur. In heilgen Finsternissen

Hoch über uns geht sein verborgner Gang:

Und willig oder nicht, zicht ein geheimer Zwang

Uns alle, daß wir ihm im Dunkeln dienen müssen.

Es ist klar, daß Wieland in dieser Schicksalsidee, die er mit der Person des Oberon verknüpft, am meisten original ist: aber ér fand doch auch diese Idee bei Shakspeare schon vorgezeichnet. Wie Oberon bei Wieland sich den Diener des Schicksals nennt, so sagt Ariel in Shakspeare's Sturm: „Ich und meine Brüder find Diener des Geschicks (3, 3)". Was wir von Oberon bemerkt haben, gilt auch von Wielands Titania; auch sie hat einen ernsteren Charakter als im Sommernachtstraum. Den Charakter der Titania fand Wieland in dem Ritterbuche gar nicht vor; in den Ursachen, aus welchen die Trennung Oberon's von Titania entspringt, unterscheidet er

sich von Shakspeare; und um diese Trennung tiefer zu motiviren, legte er dem Scherasmin die Erzählung von Gangolf und Rosetten in den Mund, die er von Pope entlehnte aber besser als dieser bes arbeitete*). In dieser Erzählung entwickelt auch bei Wieland Titania einen Zug der Frivolität, indem sie die untreue und ehebrecherische Rosette schüßt, ein Zug, der an Titania's leichtfertiges Wesen im Sommernachtstraum erinnert. Aber die tiefe Theilnahme des empfindenden Herzens theilt sie mit Oberon. Sie bereutżjene That, durch welche sie die Liebe ihres Gatten verscherzte:

Verhaßt ist ihr nunmehr der Elfen Scherz, der Tanz

Im Mondenlicht, verhaßt in seinem Rosenkleide
Der schöne Mai. Ihr schmückt kein Myrthenkranz
Die Stirne mehr. Der Anblick jeder Freude

*) Pope entlehnte seinerseits den Stoff zu seiner Erzählung aus Chaucer. Sie findet sich in The works of Alexander Pope, Lond. 1754, II p. 79 und führt den Titel: January and May, Namen, die Wieland (6, 42) zu einem Vergleiche benut. Auch in dieser Erzählung spielen bei Wieland wie bei Pope die Elfen eine Rolle. Einige Stellen des ersteren sind mit Pope zu vergleichen 6, 83: Nun saß von ungefähr, da alles dieß geschah,

Auf einer Blumenbank, dem guten blinden Alten
Vorüber Oberon, um mit Titania,

Der Feenkönigin, hier Mittagsruh zu halten;
Indeß die zephyrgleiche Schaar

Der Elfen, ihr Gefolg, zerstreut im ganzen Garten
Und meist versteckt in Blumenbüschen war,

Um schlummernd dort den Mondschein zu erwarten.

Und 6, 88, wo Oberon spricht:

Allein bei meinem Thron, bei diesem Lilieustav,

Und bei der furchtbarn Macht, die mir das Reich der Elfen
Mit diesem Zepter übergab,

Nichts soll ihr ihre List, nichts seine Blindheit helfen !

Dagegen Pope 2, p. 101.

It so befel, in that fair morning-tide

The Fairies sported on the garden side,

And in the midst their Monarch and his bride.

So featly tripp'd the light-foot ladies round,
The knights so nimbly o'er the greensword bound,
That scarce they bent the flow'rs, or touch'd the ground.
The dances ended, all the fairy train

For pinks and daisies search'd the flow'ry plain;
While on a bank reclin'd of rising green

Thus, with a frown, de King bespoke his Queen.

Reißt ihre Wunden auf. Sie flattert durch das Leer
Der weiten Luft im Sturmwind hin und her,
Find't nirgends Ruh und sucht mit trübem Blicke

Nach einem Ort, der sich zu ihrer Schwermuth schicke.

Und wie nun Oberon's Hülfe nur den edlen Menschen zu Theil wird, so auch Titania's. In ihrem Grame über den Verlust des Gatten sucht sie eine Einöde und verwandelt sie zulegt in ein blühendes Paradies. Es ist das die Insel, auf welche Hüon und Regia aus den Wogen des Meeres sich retten, auf welcher der edle Greis Alfonso lebt. Der Dichter giebt in der Schilderung dieser Insel und der auf ihr lebenden Personen eine Idylle der reizendsten Art. Gegen die Unruhe und den Sturm des Weltlebens bildet diese Insel einen Gegensaß der Ruhe und des tiefsten Friedens. Hier wohnt der edle Greis Alfonso, der aus dem Getümmel der Leidenschaften, aus der Eitelkeit weltlicher Bestrebungen und getäuschter Hoffnungen nach dem Verluste der theuersten Personen, der Gattin und Kinder hierher sich zurückgezogen hat, der von einer schönen Natur umgeben die Welt außer ihm vergißt, der Läuterung seiner Seele lebt und den Blick auf den Himmel gerichtet hält, der mit Recht auf Amanden. den Eindruck eines Heiligen macht. Hier läutern sich Hüon und Amanda von der begangenen Schuld und ein tiefer Seelenfriede mit der Natureinfalt eines arbeitsamen Lebens verbunden, breitet sich über die Personen aus. Hier waltet auch Titania unsichtbar, aber hülfreich. Wenn der edle Alfonso „halb entschlummert hört, wie Engelstimmen aus dem Hain hervor sanft zu ihm herüberhallen, wenn er dann die dünne Scheidewand fallen fühlt, die ihn noch kaum von seinen Lieben trennt, wenn er an seiner Wang' ein geistig Weh'n verspürt, so war es Titania, die ungesehen an ihm vorüberwallte“. (Vgl. 8, 27. 28. 66).

Das Schicksal der Regia liegt der Titania nicht minder am Herzen. Mit ihren Elfen steht sie derselben bei der Geburt des Hüonnet bei. Als sie Gefahren für Regia zu fürchten Ursache hat, entzieht sie ihr den schönen Knaben und übergiebt ihn ihren „Grazien" zur Obhut (9, 34):

p. 102:

Gilt, rettet dieses Kind in meine schönste Laube,
Und pfleget sein als wär's mein eigner Sohn.

Now by my own dread majesty I swear
And by this aweful sceptre which I bear.

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