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Da denkt ihr aber, meine Christen! bei einem solchen Morgengebet ist kein Gebet an Maria, keines an den h. Schußengel und keines für die armen Seelen im Fegfeuer, wie doch dergleichen Gebete in andern Morgengebeten zu finden sind, oder wie ihr selbst täglich am Morgen zu beten gewohnt seid. Da mögt ihr wohl auch ganz Recht haben. Ich habe aber auch nicht gesagt, daß solche Gebete ganz unterlassen werden sollten; sondern ich habe nur ge= sagt, daß das eigentliche Morgengebet in einem Dank, Bitte und Anempfehlungsgebet besteht, und daß der genug thut, der auf solche Weise betet. Wer Zeit dazu hat, der kann seine Gebete vermehren und verlängern so viel er will. Wie ihr aber immer, meine Christen! euer Morgengebet einrichten mögt, so ist und bleibt doch immer die Hauptsache, zu danken, zu bitten und sich zu opfern. Nun kommen wir noch auf das Abendgebet; vernehmt also, wie dieses zu verrichten sei.

2.

Wie soll nun das Nachtgebet aussehen? Wie soll es verrichtet werden? Worin besteht denn eigentlich das Nachtgebet? Dieses soll eigentlich aus vier Stücken bestehen: 1) aus einer Danksagung, 2) aus einer Gewissenserforschung, 3) aus Reu und Leid und 4) aus einer Anempfehlung.

Das Allererste bei Verrichtung des Nachtgebetes soll also sein, daß wir Gott für die den Tag hindurch erhaltnen Wohlthaten des Leibes und der Seele danken. Dieses ist aber sehr leicht; denn es ist ja nicht nothwendig, daß wir viele Worte machen; es ist nicht nothwendig, daß wir uns lang besinnen, wie wir unser Dankgebet vorbringen; es ist nicht nothwendig, daß wir ein Gebetbuch in die Hand nehmen, um aus demselben ein solches Nachtgebet herauszulesen. Wenn ein Kind seinen Eltern dankt für alles Gute, das es von Jugend auf empfangen hat, so werden seine Worte etwa so lauten: „Lieber Vater! liebe Mutter! ich danke euch tausendmal für das viele Gute, das ihr mir gethan habt."

Und ein Gleiches reicht schon hin, um am Abend Gott für die erhaltnen Wohlthaten zu danken.

Sagen also nur auch wir: „Lieber Vater im Himmel! ich sage dir tausendmal Dank für so viel Gutes, das du mir heute wieder an Leib und Seele gethan hast!" Und wenn diese Danksagung anders von Herzen geht, so wird Gott damit zufrieden sein; denn Gott sieht ja nicht auf die Worte, sondern auf die Gesinnung, auf das Herz.

Haben wir Gott Dank gesagt, so sollen wir unser Gewissen erforschen. Wir sollen nämlich einen Blick auf den ganzen Tag zurückwerfen und bei uns überlegen, wie wir diesen Tag zugebracht haben.

Besonders sollen wir überlegen, was wir Gutes versäumt und in welchen Stücken wir uns verfehlt haben.

Haben wir nun unser Gewissen erforscht und so manchen Fehltritt entdeckt, den wir gethan haben; so sollen wir diese Fehltritte bereuen, d. h. Reu und Leid darüber erwecken. Daß aber diese Reue auch von Herzen gehen müsse und nicht in bloßen Worten bestehen dürfe, das versteht sich schon von selbst; denn sonst wäre Reu und Leid so viel als keine.

Haben wir endlich unsere Sünden bereut, so steht uns frei, auch noch andere Gebete zu verrichten, 3. B. zur Ehre der Mutter Gottes, des h. Schußengels, des h. Namenpatrons oder zum Trost der armen Seelen im Fegfeuer. Vorzüglich aber soll nicht vergessen werden, daß wir unsere Seele noch Gott anempfehlen.

Nicht wahr, meine Christen! wenn wir eine weite Reise haben, so übergeben wir unsere Sache einem vertrauten Menschen zur Aufbewahrung. Wenn wir bei der Nacht sterben würden, wäre das nicht eine weite Reise? Wir wissen aber an keinem Abend, ob nicht dieselbe Nacht die lezte für uns sein werde. In einem solchen Falle aber, bei einer so weiten Reise, ja bei einer Reise, von welcher wir gar nicht mehr zurückkehren, wie gut wird es sein, wenn wir unser Kostbarstes, unsere Seele, ehe wir einschlafen,

Gott übergeben und anempfehlen? Und wenn wir dann auch unvermuthet und plöglich stärben, so würden wir doch nicht unvorbereitet sterben. Aber auch für den Fall, daß wir nicht sterben, und den morgigen Tag erleben, sollen wir uns mit Leib und Seele und mit Allem, was wir sind und haben, Gott übergeben und anempfehlen; denn die h. Schrift sagt: „Wenn der Herr nicht Wächter ist, so ist alle Wache umsonst." Geben wir denn nicht gern all das Unsrige in sichre Hände? Wo ist aber dasselbe sichrer aufbewahrt, als in den Händen Gottes, unsers besten Vaters?

Nun, meine Christen! habe ich euch heute gezeigt, wie ihr euer Morgen- und Abendgebet verrichten sollt. Unterlaßt selbes nie, und verrichtet es auch mit Aufmerksamkeit, d. h. mit Andacht. Folgen wir hierin dem schönen Beispiel der seligsten Jungfrau Maria nach. Sie unterließ niemals ihr Morgenund Abendgebet, d. h. der Gedanke an Gott war ihr erster und ihr lester Gedanke. Darum wandelte sie auch unbefleckt auf dem Wege nach dem Gesetz des Herrn; denn wer recht zu beten weiß, der weiß auch recht zu leben, sagt der h. Augustin. Und wer gut lebt, wird auch selig sterben und dann ewig glückselig im Himmel sein. Selig, die unbefleckt auf dem Weg nach dem Gesez des Herrn wandeln. Amen.

Frühlehre auf das Feßt Mariä Lichtmeß.

Nicht die Jahre und die Haare, sondern der Verstand und der Wandel machen das Greisen alter ehrwürdig.

Zu Jerusalem wohnte ein Mann mit Namen Simeon; dieser war gerecht und gottesfürchtig." Luf. 2, 25.

„Zu Jerusalem," sagt das heutige Evangelium, ,,wohnte ein Mann mit Namen Simeon; dieser war gerecht und gottesfürchtig." Deßwegen erhielt er noch in seinem hohen Greifenalter von Gott die Verheißung, daß er nicht eher sterben werde, als bis er den Heiland der Welt mit eignen Augen gesehen habe.

Eine so große Gnade erleben wir freilich nicht mehr, wie Simeon, wenn wir auch noch so alt würden. Indessen liegt es nicht bei uns, alt zu werden, sondern bei Gott, der unsre Tage zählt und ihre Zahl bestimmt; aber es liegt doch bei uns, wenn wir alt werden, unser Alter ehrwürdig zu machen.

Was macht aber das Alter ehrwürdig? Das sagt uns die h. Schrift im Buche der Weisheit am 4. Kap. 8-9. V. „Nicht die grauen Haare und die vielen erlebten Jahre machen das Alter ehrwürdig, sondern der Verstand des Menschen und

Dreer, Frühlehren. III. 2. Abth.

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