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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

GESCHICHTE.

Montags, den 3. Julius 1797.

LONDON, b. Strahan u. Cadell: Private Memoirs relative to the laft rear of the Reign of Lewis the Sixteenth; by Ant. Fr. Bertrand de Moleville, Mi-, nifter of State at that time. 3 Volumes. .1797. Vol. I. 418 S. Vol. II. 418 S. Vol. III. 446 S. 8. (Mit 5 fehr wohlgerathnen Bildniffen, Ludwig des XVI, der Königin Marie Antoinette, der Prinzeffin Elifabeth, des Dauphins und der jetzt noch lebenden Tochter Ludwig des XVI.)

Der

er Vf. diefes, für die neuefte Gefchichte wichtigen Buches, (davon das franzöfifche, Original, vermuthlich nach einem mit dem englifchen Verleger getroffnen Abkommen, nicht im Drucke erfchfenen ift,) war vom October 1791 bis zum März 1792 Minifer des Seewefens, und von der Zeit feiner Refigna tion an bis zur gänzlichen Auflöfung der monarchifchen. Verfaffung in Frankreich, einer der Vertrauten des unglücklichen Königs, den das Schickfal auserkohren hatte, der Zeuge und das Opfer diefer grofsen Begebenheit zu feyn. Er befand fich alfo in einer vortheilhaften Lage, um nicht allein Beobachtungen über die äufsere Geftalt der Dinge, fondern auch über die verborgnern Gründe mancher wichtigen Erfcheinung, in einem Zeitraum, wo faft jeder Tag die Gefchichte mit irgend einem grofsen Factum bereicherte, anzustellen; und, was er fah, hat er uns in diefen Memoiren geliefert. Auf feiner Erzählung ruht im Ganzen denn wer könnte in einem fo reichen und fo beweglichen Gemälde jeden Zug verbürgen! das Gepräge der Wahrheit. Er spricht von den Mittelu, welche der Hof anwendete, um mit den Ungewittern, die ihn umringten, zu kämpfen, oder fich ihnen zu entziehen, mit einer Offenheit, Leichtig keit und Naivetät, worinn map durchaus weder den Charakter eines fchlauen, noch eines leidenschaftlichen Advocaten findet, und von den Fehlern eines Monarchen, deffen gute und liebenswürdige Eigenschaften kein ungünftiger Schatten verdunkeln kann, weit mehr in dem Tone eines Gefchichtschreibers als eines Lobredners. Noch in keiner bisher erfchienenen Schrift findet fich eine fo beträchtliche Anzahl authentifcher, oder doch in hohem Grade zuverlässiger Materialien, um das Betragen Ludwig des XVI in jener kritischen Periode, und zugleich also eine der intereffantften Seiten feines Charakters zu beurtheilen, als in diefer.

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Der Vf, ift nicht lange genug, und unter viel zu unruhigen Umständen, Minifter gewefen, als dafs er A. L. Z. 1797. Dritter Band.

hätte zeigen können, ob er wirklich alle zur gefchickten Verwaltung eines folchen Amtes erfoderliche Qualitäten befafs. Einen hellen Blick und Gewandheit des Kopfes würde er gewifs zu jedem Gefchäft gebracht haben; aber wo es auf Gründlichkeit oder gar auf tieffinniges Nachdenken ankam, da würde er wahrfcheinlich zurückgeblieben feyn. Seine eigentlich politifchen Rafonnements find ohne Ausnahme feicht und flüchtig; auch hat er das Ganze der Revolution nie aus einem grofsen und umfaffenden, folglich nie aus einem richtigen, Gefichtspunkte betrachtet. Sein Buch befchreibt eine eingefchränkte Sphäre; aber es befchreibt fie gut. Der Stil ift, fo viel fich von der (unter feinen Augen veranstalteten) englischen Ueberfetzung auf das Original fchliefsen läfst, klar, einfach und anspruchslos.

Wir glauben den Lefern. der A. L. Z. keinen unangenehmen Dienft zu erweifen, wenn wir einige der merkwürdigften Thatfachen, welche diefe aufserhalb England faft noch gar nicht bekannt gewordnen Memoiren enthalten, mit Uebergehung vieler andrer von verhältnifsmässig geringrer Bedeutung, hier aus

ziehen.

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Erfter Theil. Erftes Kapitel. Zustand des Reichs zur Zeit der Zufammenberufung der Stände. Charakter Ludwig des XVI. Was der Vf. über die Vortheile, welche die Stände-Verfammlung hätte ftiften können, und über die bey ihrer Zufammenberufung begangne Fehler fagt, ift oberflächlich und unbedeutend. Den Glauben, dafs die alte Conftitution Frankreichs die Grundlage zu allem, was eine freye Verfaffung nur gewähren kann, enthielt, wird man ihm als einem in den Parlamentsgrundfätzen erzognen, ehmaligen Maitre des requêtes, allenfalls zu gute halten. Aber weniger verzeihlich ist die triviale Verficherung, die Verdoppelung der Anzahl der Deputirten des dritten Standes fey die Urfache alles Unglücks gewefen. Unglücks gewefen. Solche leere Formeln, die ein Ausgewanderter dem andern gedankenlos nachfpricht, follte ein Mann, der fich bey einigem Nachdenken gewifs von der Nichtigkeit derfelben überzeugen würde, nicht wiederholen. Die Verdoppelung der Deputirten des dritten Standes war abgefondert betrachtet nichts: die Deliberation nach Köpfen aber, die der Vf. wahrfcheinlich im Sinne hatte, war weit entfernt,,,an und für fich die Quelle alles Unglücks zu feyn, vielmehr das einzige Mittel zur Rettung, wenn fie nämlich von der Regierung augeordnet, zur rechten Zeit und mit den nöthigen Modificationen bewilligt worden wäre. Dafs die Regierung dies unterliefs, und dafs jene Form nun auf einem ganz anC

dern

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dern Wege eingeführt werden mufste: das war das eutfcheidende Signal zu einer allgemeinen Revolution. Weit beffer ift das, was der Vf. über den Charakter Ludwig des XV1 fagt. Es war eine Bemerkung, die ihm der berühmte Malesherbes mittheilte, ,,dafs die gefühlvolle und zärtliche Gemüthsftimmung, welche einen Monarchen im Privatleben und in ruhigen Zeiten fo liebenswürdig macht, ihm in gefähr Fichen und unruhigen Lagen oft nachtheiliger wird, als felbft gewiffe Lafter es feyn könnten." Und fo, fetzt der Vf. hinzu, kann man in der That fagen, dafs alle Fehler des Königs ihren Grund in guten Eigenfchaften hatten.,,Seine fchwache Seiten will ich nicht verhüllen.

Ich werde in dem gegenwärtigen Buche mehr als eine Veranlaffung finden, über die Unentfchloffenheit diefes unglücklichen Fürften, über seine Abneigung kühne Maafsregeln in dem Augenblicke, wo feine Rettung darin lag, zu ergreifen, über féinen Mangel an Energie, und befonders an Vertrauen zu fich felbft, einer unentbehrlichen Eigenfchaft, wenn man den grofsen Haufen, der immer geneigt ift, denjenigen für mächtig zu halten, der mit Feftigkeit und Würde gebietet, beherrfchen will, - zu jammern." An allen diefen Fehlera, folglich auch an allem Unglück, was daraus entftand, war aber, nach des Vfs. Verficherung, Niemand Schuld, als der Graf Maurepas, der in den erften Regierungsjahren Ludwig des XVI alles anwendete, die guten Eigenfchaften diefes Monarchen unbrauchbar zu machen, und der Blödigkeit und übertriebnen Befcheidenheit, die in feinem Charakter lag, beftändig Nahrung zu geben. Iha fieht er daher als den erften Urheber der Revolution an.

Zweytes Kapitel. Minifterium des Erzbischofs von Touloufe u. f. f. Der Vf. hält es für einen der gröfsten Fehler, den der König je begangen bat, dafs er den lin. von Calonne verabschiedete, ehe er die Verfammlung der Notabeln entiaen hatte. Er fällt über diefen Minifter (mit der Verficherung, dafs ibn feine perfönlichen Verhältniffe zu keinem Freunde deffelben gemacht haben würden) ein ganz andres, und ungleich vortheilhafteres Urtheil als ihm gewöhnlich zu Theile wird. Auch fagt er deutlich, dafs fich die Königin durch Breteuils Hafs, gegen Calonne verleiten Jiefs, diefen zu ihrem grössten Schaden aufzuopfern. Die Unfähigkeit des Erzbifchofs von Touloufe leuchtete bald bervor; um die Fehler feiner Adminiftration zu bedecken, fann er das berüchtigte Project der Cour pleniere aus, welches die Parlamenter und die ganze Nation empörte. Bertrand war zu diefer Zeit Intendant von Bretagne: der Gouverneur diefer Provinz war der Graf Thiard, ein fanfter und liebenswürdiger, aber unwiffender und feinem Poften fchlechterdings nicht gewachsner, Mann. Der fchwerfte Theil des mifslichen Gefchäftes, das Parlament von Bretagne mit den anftöfsigen Neuerungen bekannt zu machen, mufste alfo auf den Intendanten fallen.

Drittes, viertes, fünftes Kapitel. In diefen Kapiteln erzählt der V. die Gefchichte der Unruhen,

welche die Nachricht von den Unternehmungen des Principalminifters in Rennes verurfachte, und die bekanntlich eins der erften Vorspiele der grofsen Bege. benheit waren. Da diefer Theil der Memoiren, obgleich manche intereffante Particularitäten darin vorkommen, die Hauptgefchichte der Revolution eigene lich nicht angeht; fo halten wir uns dabey nicht auf, und gehen zu den wichtigern Abschnitten über.

Sechstes Kapitel. Am 9. Julius 1788 hatte der Vf. Rennes verlaffen; bis zum December diefes Jahres nährte er noch immer die Hoffnung zur Beruhigung feiner Provinz etwas Gutes in Verfailles zu ftiften: am 6. December übergab er feine Refignation auf den - Nun richtete er feine ganze Intendantenposten. Aufmerkfamkeit auf die Eröffnung der Ständeverfammlung, und reichte im Monat Junius 1789 einen Plan ein, nach welchem der König ganz auf die alte Weife diefer Verfammlung, die gleich nachher dem Schickfal Frankreichs eine neue Wendung gab, einige Verbefferungen zufagen, einige Berechnungen vorlegen, und fie den folgenden Tag kurz und gut entlaffen follte. Diefer Plan fcheint keiner grofsen Aufmerkfamkeit gewürdigt worden zu feyn, und verdiente fie auch nicht. Er zeigt blofs, wie äusserst fehlerhaft Männer ven Einfichten und Verftand damals noch die wahre Lage der Dinge beurtheilen konnten.

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Agioteur adroit, Miniftre fans moyex,

De rien il fit de l'or, et d'un empire rien. verräth fchon, was in diefem Kapitel ungefähr za fuchen ift. Die vornehm ften Umstände des öffentlichen Lebens diefes Minifters werden hier, freylich nicht in die vortheilhafteften Gefichtspunkte geftellt, durchgegangen, und mit feinem Betragen beym Ausbruche der Revolution verglichen. Noue Thatfachen oder Anekdoten lernt man aus diefer Ueberficht nicht. Die einzige, welche der Vf. crzählt, und welche die übertriebne Empfindlichkeit Necker's gegen öffentli chen Tadel charakterifiren foll (dafs er fich nämlich, als ihm der Graf Vaudreuil, den er zum erftenmale fah, zufällig fagte, der Graf Lauragais habe ein Pamphlet wider ihn gefchrieben, fo fehr vergeffen hätte, auszurufen: Warum muss ich ein Minifter feyn! Wie glücklich wäre ich, wenn ich ihm einen Dolch ins Herz fofsen könnte!) ift von einer folchen Art, dafs fie. obgleich die Namen genennt find, nothwendig Zweifel gegen ihre unbedingte Wahrheit zurücklaffenmufs.

Die fchärffte Kritik fällt auf die Schritte, die er in Anfehung der Repräsentation des dritten' Standes und der Declaration vom 23. Junius that. Sie kann dem, welchen fie trifft, nicht fehr fchmerzhaft feyn, weil fie hinlänglich beweifet, dafs der Ur heber derfelben den Gegenftand viel zu wenig durchdacht hatte. Dafs Necker noch nach feiner Zurückkunft (in Monat Julius 1789) das Schickfal der ganzen Nation in feiner Hand gehabt habe, ift eine Be

hauptung,

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hauptung, gegen welche die Thatfachen laut genug Im May 1791 liefs ihm der König, als Fleurieu aus fprechen. Uebrigens ift das allgemeine Urtheil, dem Minifterium trat,. das Departement der Marine welches der Vf. am Schluffe diefes Kapitels über Ne anbieten: er fchlug es aus, weil ihm feine Collegen cker ausfpricht, viel weniger hart, als man es nach nicht gefielen, und wünschte fich zeitig genog zu dem Anfangs herrfchenden Tone hätte erwarten fol- diefem Entfcbluffe Glück, da er ihn der peinlichen len, und fo gemäfsigt, dafs es vielleicht der Wahr- Situation überhob, in welche ihn die bald darauf erheit fehr nahe liegt. Der Vf. fpricht von den Um- folgte Flucht des Königes geworfen haben würde. → ftänden, unter welchen diefer Minifter im J. 1790 Er ftand schon zu diefer Zeit in genauer Verbindung Frankreich verlaffen muiste, und fährt nun fort:,,So mit dem Minifter Montmorin, deffen Charakter er traurig endete die minifterielle Laufbahn diefes au- hier so treu, als er vielleicht noch nie vor dem Pu fserordentlichen Mannes, deffen Fehler Frankreich blicum aufgeftellt worden ift, fchildert. ,,Man hat fo theuer zu stehen gekommen find. Ich fage feine es diefem Minifter," fagt er, zum Vorwurfé ge Fehler, nicht feine Verbrechen; denn ob ich mir gleich macht, dafs er mit verfchiednen Mitgliedern der linden Vorwurf nicht machen darf, auch nur einen Au- ken Seite, in einer verdächtigen Vertraulichkeit leb genblick das geringfte günftige Vorurtheil für diefen te. Aber gerade diefen Umftand habe ich von jeher Mann gehabt zu haben; fo kenne ich ihn doch hin- für einen der ftärkken Beweife feiner grofsen Ergelänglich, um feft überzeugt zu feyn, dafs er das Böfe, benheit gegen den König gehalten. Ich weifs, dafs was er durch feine Maafsregeln ftiftete, nie abficht- er die Meynungen diefer Deputirten verabscheute, ich that und davon, dafs er es ftiftete, nicht die ge- dafs er ihren Charakter verachtete, und dafs er fich ringfile Ahndung hatte. Ich tadle nur feine Eitelkeit, aus keiner andern Urfach, als um ihren Gefinnungen und feine ausfchweifende Meynung von fich felbft. eine günftige Richtung zu geben, mit ihnen in VerEr glaubte fo feft der gefchicktefte Minister zu feyn, bindung fetzte. Der König billigte diefes fchwache der je exiftirte, dafs er es für eine Zurückfetzung ge- und fchwankende Verfahren, weil er auf Mafsregeln halten haben würde, fich mit Sully und Colbert ver- diefer Art ein zu grofses Vertrauen fetzte. Sie könnglichen zu fehen. Er bildete fich ein, alle grofsen ten vielleicht hier und da einen unbedeutenden VorEigenfchaften der gröfsten Minifter, ohne die Fehler theil ftiften; aber Montmorin erkaufte diefen Vorderfelben in fich zu vereinigen. Diefes Vertrauen theil durch die Meynung von feiner Denkungsart, auf feine beyfpiellofen Talente flöfste ihm den Ge- die er im Publicum rege machte, zu theuer. Natürdanken ein, Frankreich eine neue Conftitution zu gelich musste das Betragen des Minifters einem jeden ben. Er war völlig überzeugt, dafs die befte Con- zweydeutig, wo nicht gar verrätherisch, erfcheinen, ftitution diejenige wäre, welche einem Minifter, wie der es nicht wufste, in welchem Grade er an dem er, den ausgebreitetften und daurenditen Einflufs Könige hing, und dafs er diefem Monarchen, da er ficherte u. f. f. - Ihın müffen die Unglücksfälle der ihm einmal durch Muth und Feftigkeit, die ihm felbft Revolution vorzüglich zugerechnet werden; aber mangelten, nicht dienen konnte, wenigstens auf je blofs feiner Unfähigkeit und Eitelkeit, nicht feinem de Art und Weife, die mit feiner Schwäche vereinböfen Willen. Ich bin eben fo weit entfernt, mit bar war, beyftehen wollte. Wäre Moutmorin in ruNecker's Bewunderern zu glauben, dafs er der gröfste higer Zeiten, oder in Gefellschaft mit Männern von aller Minifter war, als mit feinen Feinden, dafs er fefter Denkungsart und Stärke der Seele, Minifter es darauf angelegt hätte, die monarchische Verfaffung, geworden; fo würden die fchlimmen Wirkungen den Adel und die Geiftlichkeit zu vernichten, weil feiner Schüchternheit, durch feine ausgebreiteten er felbft aus einer Republik, aus dem Bürgerftande, Kenntniffe, feinen richtigen und fcharfen Verftand und von proteftantifchen Aeltern abftammte. Die und feine geprüfte Redlichkeit reichlich ausgeglichen Nachwelt, die ibn ohne Vorurtheil beurtheilen kann, worden feyn." wird ihn für einen felbftfüchtigen, ehrgeizigen, und Neuntes Kapitel. Am 25ten September 1791, etteln Mann, deffen Tugend noch mehr in Worten liefs der Konig dem Vf. abermals, durch Montmorin, und äufserm Gepränge, als in der Realität lag, erklä- das Minifterium der Marine anbieten. Er weigerte ren, für einen Quackfalber in der Politik und in der fich eine Zeitlang. Der König fchrieb felbft an ihn. Moral, der aber fe ehrlich zu Werke ging, dafs er Er entfchuldigte fich von neuem. Endlich fagte der allemal fich felbft zuerft durch feine Quackfalberey König zu Montmorin:,,Fragen Sie doch den Hn. Bertäufchte. Funfzig Jahre früher würde feine Ad-trand, wo ich meine Minifter hernehmen, und was aus ministration dem Lande eben fo wenig nachtheilig mir werden foll, wenn Männer, wie Er, die fich für geworden feyn, als es Mesmer's Magnetismus Leu- meine Freunde ausgeben, mich verlaffen Diefe rüh ten von Verftand und Grundfätzen werden konnte." rende Aeufserung beftimmte B. augenblicklich. An Achtes Kapitel. Der Vf. fcheint in der ersten 1ften October wurde er zum erstenmale bey Könige Periode der Revolution ein ganz ruhiger Beobachter ge eingeführt. Er befchreibt diefe Zufammenkunft fo wefen zu feyn: die Sparfamkeit feiner Bemerkungen einfach und freymüthig, dafs man feiner Erzählung über diefe Periode erregt fogar den Verdacht, dafs er Glauben beymeffen mufs. Er bat den König, ihm den grofsen Begebenheiten derfelben nicht einmal die feine Gefinnungen über die neue Conflitution, und engeftrengte Aufmerkfamkeit, die man von einem den Plan, den er zu befolgen gedächte, zu eröffnen. Manne in feiner Lage, fodern konnte, widmete, Ludwig XVI. gab ihm folgende merkwürdige AntC 2

wort:

wort: Ihr Verlangen ift billig. Hören Sie alfo, was ich hierüber denke: Ich bin weit entfernt, diefe Conftitution für ein Meisterstück zu halten. Ich glaube, dafs fie grofse Fehler hat, und dafs vielleicht. mauche diefer Fehler hätten verbeffert werden können, wenn es mir erlaubt gewefen wäre, meine Bemerkungen darüber zu machen. Davon ift aber jetzt nicht mehr die Rede. Ich habe gefchworen, die Conftitution, fo wie fie einmal ift, aufrecht zu halten, und ich bin entfchloffen, fo wie es meine Pflicht fodert, diefem Eide treu zu bleiben; überdies bin ich überzeugt, dafs eine genaue Beobachtung der Conftitutión das befte Mittel ift, die Nation damit bekannt zu machen, und die Veränderungen zu bezeichnen, die zweckmäfsig feyn möchten. Ich habe keinen andern Plan, und kann keinen andern Plan haben, als diefen. Ich werde gewifs nicht davon abgehen, und es ift mein Wunsch, dass auch meine Minifter denfelben beobachten follen." Hierauf ging Bertrand einen Schritt weiter, und fragte, ob dies auch die Gefinnung der Königinn fey.,,Vollkommen," antwortete ihm der König, „Sie wird es Ihnen felbft bestätigen." Gleich nachher wurde er ins Zimmer der Königinn geführt, die ihn, nach einigen gütigen Aeusserungen über feinen Entschluss, folgendermassen anredete:,,Der König hat Ihnen feine Gefinnungen er öffnet. Glauben Sie nicht, dafs der Plan, feinem Eide treu zu bleiben der einzige ift, den er fich zur Richtfchnur nehmen kann?" B. bejahte die Frage. ,,Nun," fuhr die Königin fort,,,feyn Sie verfichert, dafs nichts uns in der Ausführung unferes Vorhabens ftören foll. Wohlan! Faffen Sie Muth! Mit Geduld, Standhaftigkeit und Beharrlichkeit werden Sie viel leicht finden, dafs noch nicht alles verloren ist."

Zehntes Kapitel. Wir übergehen in diefem und den folgenden Kapiteln, das, was die Departementsverwaltung des Vfs. und feine Verhältniffe mit der National-Verfammlung betrifft, da diefe Gegenftände ohnehin fchon bekannter find, und zeichnen nur folche Anekdoten aus, die wirklich zur geheimen Gefchichte diefes Zeitraumes gehören. Als es ent schieden war, dafs der Minifter Montmorin das Departement der auswärtigen Angelegenheiten niederlegte, koftete es nicht wenig Mühe, ihm einen Nachfolger zu fchaffen. De Mouftier, damals. Gefandter in Berlin, wurde zu diefem Poften beftimmt;

aber die herrschenden Mitglieder der Legislatur erklärten fich fo heftig wider ihn, dafs man diefes Vorhaben aufgeben musste. Nun fiel die Wahl auf den Grafen von Segur, der fie auch annahm, zum Unglück aber gerade an dem Tage vor dem, der zu feiner Einführung ins Minifterium bestimmt war, die gefetzgebende Verfammlung befuchte, dort einer aufsent anftöfsigen Scene, wovon der Krieges - Minifter Duportail das Opfer war, beywohnte, und dadurch fo empört wurde, dafs er feinem Entichiulle zur Stelle wieder entfagte. Hierauf erging der Ruf, nach Montmorin's Vorfchlage, an Barthelemy, damals Gefandten am Londner Hofe; auch diefer Ichlug ihn aus, und der König fah fich endlich genöthiget, dem unglücklichen Leffart, der bis dahin Minifter, des Innern gewefen war, die auswärtigen Angelegenheiten zu übertragen. - Die Stelle des Kriegs- Minifters wurde zu eben der Zeit durch Duportail's Refignation erlediget, und Louis Narbonne wurde zu diefem Poften in Vorfchlag gebracht. Der König hegte eine entfchiedne Abneigung gegen diefen Mann: aber die Freunde deffelben hatten den Siegelbewahrer (Duport du Tertre) und den Minister Leffart, zuletzt felbft Montmorin fo fehr für Narbonne eingenommen, dafs der König endlich weichen musste. Die Schilderung, die der Vf. von diesem Minifter entwirft, ift nicht die vortheilhaftefte. Er ftrebte nach Popularität, und fuchte fie um jeden Preis zu erlangen; doch war es nicht, Luft zu fchaden, fondern nur Eitelkeit und Leichtfinn, wodurch er fchadete. feines Sieges fchon gewifs zu feyn glaubte,,,verlangte er, durch feine natürliche Eitelkeit, und die Rathfchläge der Frau von Stael, aufgemuntert, eine Privat - Audienz, bey der Königinn," und legte ihr einen Plan vor, nach welchem die Ernennung eines bey der Nation und der gefetzgebenden Verfammlung beliebten Mannes zum Premier - Minifter, das ficher fte Mittel feyn follte, die Monarchie zu retten. Als die Königinn nach verfchiednen Expoftulationen endlich wiffen wollte, wem er denn eigentlich diefe grofse Stelle zugedacht hätte; fo nannte er- fich felbft. „Die Königinn brach in lautes Gelächter aus, und fragte ihn: ob er den Verfland verloren hätte? Dies brachte ihn nicht aus der Faffung, ob er gleich zuletzt mit gutmüthiger Refignation Verzeihung für die gauze Scene erbat.

(Die Fortsetzung folgt.)

Als er

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RECHTSGELAHRTHEIT. Bamberg: Diff. de decimis noualibus. Praef. Elia Adamo de Reider. Auctor Georg. Mich. Weber, Bamberg. Phil. Doct. 1793. Der Hr. D. und jetzige Reg. Rath Weber vertheidigt in diefer Streitfchrift die natürliche Freyheit aller urbar gemachten Aecker vom Zehenden, fo lange das Recht dazu nicht befonders hergebracht worden fey. Er zeigt, dafs das Recht, den Zehnten von den Novaläckern zu fodern, weder, dem Landèsherrn als ein Regale, noch dem Clerus, noch dem Gutsherrn, noch auch demjenigen, der die

allgemeine Zehendgerechtigkeit in dem Diftrict habe, zuftehe, fondern dafs diefe Aecker fich in dem Recht der natürlichen Freyheit von Zehenden befanden und die Befugnifs, auch von ihnen den Zehenden zu fodern, erft durch einen befondern Rechtstitel müffe hergebracht worden feyn. Vollkommen befriedigend hat er die Freyheit gegen Landesherrn, Clerus und Gutsherrn gerettet; aber der Anfpruch des decimatoris univerfalis bleibt Rec. noch fehr wichtig. Scharffinn, Fleifs und Literaturkenntnifs zeichnen die Schrift des Vf. zu ihrem Vortheil aus.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Dienstags, den 4. Julius 1797.

GESCHICHTE.

LONDON, b. Strahan u. Cadell: Private Memoirs relative to the laft Tear of the Reign of Lewis the Sixteenth; by Ant. Fr. Bertrand de Moleville, etc. (Fortsetzung der im vorigen Stück abgebrochenen Recenfion.)

Eilftes Kapitel. Der König ernennt den Parifer Könige ein geringer Theil der Civillifte (monatlich

Stadtprocurator Cahier de Gerville zum Minifter der innern Angelegenheiten. Cahier ladet Bertrand, und die übrigen Minifter zu einem Mittagsmalle ein, wobey fich Pethion, und andre Mitglieder der Municipalität befinden. „Ich richtete meine ganze Aufinerkfamkeit," fagt der Vf.,,,auf Pethion, von dem der König und die Königinn damals günftig dachten, und dem fie bey der Mairewahl den Vorzug vor La Fayette gegeben hatten. Wir fpielten Billard mit einander, und ich war eine Zeitlang allein mit ihm. Seine Phyfiognomie, die auf den ersten Anblick etwas off nes und angenehmes hatte, war, bey näherer Unterfuchung, nüchtern und ausdruckslos. Seine geringen Kenntniffe, und fein fchwerfälliges Gefpräch, das nie anders als höchft gemein, oder lächerlich hochtrabend war, verleitete mich, ihn als einen keinesweges gefährlichen Mann zu betrachten. Ich bildete mir fogar ein, dafs man ihn durch einige Schmeicheleyen für den König gewinnen könnte. Der Erfolg hat gezeigt, wie fehr ich mich in meinem Urtheil irr te: und noch jetzt kann ich nicht ohne Verdrufs daran zurück denken, dafs ich mich von einem Burfchen, wie diefer war, hintergehen liefs." Um diefe Zeit erliefs die gefetzgebende Verfammlung das Decret, welches von den ungefchwornen Priestern einen neuen Eid verlangte. Der Vf. drückt fich über die Gefinnun gen Ludwig des XVI in Anfehung alles deffen, was die Religion anging, eben fo aus, wie andre, welche ihn näher kannten. Die Minifter waren alle von der Nothwendigkeit, das neue Decret zu verwerfen, überzeugt: Cahier nahm fich aber die Freyheit, dem Könige bey diefer Gelegenheit vorzustellen, dafs er einen guten Eindruck machen würde, wenn er fowohl als die Königinn, fich zu ihrem Privatgottesdienfte conftitutioneller Priefter bedienten. ,,Nein, mein Herr, Nein!" fagte der König mit Feftigkeit,,,über diefen Punct verbitte ich alle Vorstellungen: da die Freyheit des Gottesdienfies allgemein bewilliget ift, fo habe ich eben fo gerechte Anfprüche darauf als andre." - Das gute Vernehmen zwifchen Bertrand und der Legisla. tur konnte nicht on langer Dauer feyn; der Sturm brach bald aus; aber B., der klug genug gewefen war, A. L. Z. 1797. Dritter Band.

die Conftitution forgfältig zu ftudiren, und jeden feiner Schritte darnach abzumeffen, nahm fich vor, nicht gleich auf den erften Anfall zu weichen, und fetzte diefen Plan wirklich mit vieler Entfchloffenheit durch. Zwölftes Kapitel. Bezieht fich gröfsteutheils auf die Streitigkeiten des Vf's mit der gefetzgebenden Verfammlung. Folgender kleine Umftand verdient be merkt zu werden: Bis zum November 1791 war dem 75,000 Livres, alfo noch nicht der 25te Theil) in baarem Gelde bezahlt worden. Zu Ende des November erklärten die Schatzcommiffarien, dafs fie auch diefe Zahlung künftig in Affignater leiften müfsten. Der König klagte im Confeil, dafs er nicht mehr 10 Louisdor zu feiner Difpofition hätte. Bertrand erbot fich insgeheim ihm Geld zu verschaffen; der König nahm das Anerbieten an, um einige feiner alten Diener, die er immer in baarem Gelde bezahlte, fernerhin be zahlen, und bisweilen der Königinn und feiner Schwefler, einige Affignate gegen Gold auswechfeln zu können. B. war fo glücklich, ihm bald nachher 4000 Louisd'or zuzuftellen.

Dreyzehntes Kapitel. Bey weitem das merkwürdigfte darin ift eine Anekdote, die den Herzog von Orleans betrift. Man hatte diefem Prinzen fchon unter Thevenard's (des Vf's Vorgängers) Minifterium, den Rang eines Admirals angeboten. Er nahm ihn an, und ftattete bey diefer Gelegenheit dem Vf. einen Befuch ab. Er leitete das Gefpräch auf fein Verhältnifs gegen den König.,,Ich bin fehr unglücklich," - fagte er,,,und ich habe nicht verdient es zu feyn. Man hat mir taufend Abfcheulichkeiten zur Laft gelegt; an denen ich durchaus unfchuldig bin. Viele haben Verdacht gegen mich gefchöpft, weil ich diejenigen, die mir Verbrechen, welche ich wirklich verabscheue, zur Laft legten, keiner Widerlegung würdigen wollte. Sie find der erfte Minifter, dem ich diefes fage, weil Sie der einzige find, deffen Charakter mir immer Zutrauen einflöfste. Sie werden bald Gelegenheit haben, fich zu überzeugen, ob mein Betragen mit meinen Worten im Widerfpruch stehen wird." B. gab ihm den Rath, diefe Gefinnungen dem Könige felbft vorzutragen, und der Herzog befchlofs, am folgenden Tage bey Hofe zu erfcheinen. Der König empfing ihn wirklich, hatte eine Unterredung von einer halben Stunde mit ihm, und war fehr zufrie den.,,Ich bin Ihrer Meynung," - fagte er zu B., der ihm den Tag zuvor verfichert hatte, der Herzog habe ihm fein Mifstrauen beynahe benommen, -,,dafs Er aufrichtig zu uns zurückkehrt, und alles, was in feinen Kräften steht, anwenden wird, um das Uebel

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