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sonderliches ästhetisches Interesse erfassen können. Das Ganze hat etwas so Grelles, daß wir nur selten zum Lächeln über manche treffliche Einzelwiße gelangen können, und wenn wir z. B. gleich in der ersten Scene des Stücks einen jungen Menschen (Edmund) zu sehen bekommen, der eben von dem Leichenbegångniß seines Vaters zurückkehrend, laut seine Freude über dessen Tod ausspricht, so werden wir dadurch wahrlich nicht in die rechte Lustspielstimmung verseht, und wir fragen mit Recht, ob es wohl nothwendig gewesen, uns den Anblick dieses widerlichen Taugenichts zu bieten. Die Polemik gegen die Puritaner ist schwach, und der Dichter befindet sich, wie es scheint, am besten bei der Schilderung des Straßenräubers und des verdorbenen Gelehrten. Hier erkennen wir ihn in seiner Kraft und seinem Talent, doch müssen wir ihn auch hier der Breite be=' schuldigen, mit der es zuweilen so arg wird, daß er kaum ein Ende finden kann. Die Schlußscene, in der ein edler anonymer Lord der betrogenen Wittwe das gehörige Licht ansteckt, ist ein schülerhafter Behelf, der selbst in diesem wenig Genuß bietenden Werke noch auffällt; doch bleibe dessen historische Wichtigkeit unbestritten.

Wer der Verfasser dieses Schauspiels sey, möchte schwer zu bestimmen seyn. Von Shakspeares Geiste ist fast gar keine Spur, obwohl in einigen wißigen Be= merkungen, Charakterzügen u. f. w., ein mit des Dichters Werken vertrauter und gewandt nachahmender Mann her

vorleuchtet. Desto mehr findet sich von Ben Jonson's Art und Kunst, doch ist er selbst gewiß nicht der eigentliche Urheber, da wir über seine Werke Aufschluß genug haben, er auch, keinesweges unbekümmert um seinen Autorruhm, Mit- und Nachwelt in dieser Hinsicht wohl zu unterrichten gewohnt war. Vielleicht ist einer von Ben Jonson's Freunden oder Schülern der Vater dieser Puritanerin, und der Gönner legte ein wenig zu ihrer Ausstattung bei.

Möge Ludwig Tieck, der beste Kenner der Shakspearischen Zeit, die gehörige Aufklärung über dieses felt/same Stück verbreiten.

Anhang.

2. Die Musik in Shakspeares Schauspielen.

§. 1.

Da die Deutschen bekanntlich nichts leichter vergessen, als was sie selbst in ihrer Mitte Vortreffliches haben und ́gehabt haben, so ist es nie überflüssig, sie daran zu erinnern. In solchen Fällen sind sie auch meistens gutmüthig, und mögen es wohl leiden, wenn man ihnen z. B. in das Gedächtniß zurückruft, daß der größte religiöse Held in That und Wort: Martin Luther ein Deutscher war, die größten Denker: Leibniş, Kant, Fichte u. 2. abermals Deutsche; ja wir leben bereits in den glücklichen Zeiten, wo wir mit Erfolg wagen dürfen zu behaupten, daß seit Shakspeares Tode kein Dichter unserm Goethe gleich komme. Seit etwa dreißig Jahren hat man ferner den Deutschen vorerzählt, daß sie chedem auch die allerruhmwürdigsten Maler gehabt

haben, und es giebt jezt schon manche, die nicht bloß wie in frühern Jahrzehnten, um einen Dürer und Cranach wissen, sondern auch von einer kölnischen Schule, einem Johann von Eyck, Hemling, Schwarz u. f. w., viel Gutes gehört oder wohl gar, wenn auch nur im Steindruck, gesehen haben. Dreißig Jahre sind indessen, wenn man Jahrhunderte versäumt hat, zu wenig, um sich in so manches vergessene Vortreffliche zu finden, es ist jedoch Hoffnung vorhanden, daß man sich bald entschließen werde, an das Herrliche zu glauben, eis nige vielleicht schon um deswillen, weil die höchst ehrenwerthen Männer, welche eine unschäßbare Sammlung altdeutscher Bilder zusammen gebracht haben, bei ihrer würdigen deutschen Bildung doch auch einen ins Gez wicht fallenden französischen Namen haben, der bei Manchen seine Wirkung auch heut zu Tage noch nicht verfehlt.

Ist endlich von Musik die Rede, so darf ein Deutscher in einer Gesellschaft von Deutschen beinahe auf Beistimmung rechnen, wenn er die åchte deutsche Musik, wie sie bei Händel, Graun, den Bachen, Gluck, Haydn, Mozart, u. 2. waltet, gebührend preist. Es ist zu häufig in ganz Europa rühmlich davon gesprochen worden, als daß man sich nicht endlich hätte entschließen müssen zu glauben, es sey wirklich herrlich damit bestellt. Betrachten wir deshalb unser liebes Deutschland als das eigentliche Vaterland der Musik, so wollen wir dabei mit gewohnter Mäßi

gung das Treffliche, was vom Auslande kommt, keinesweges verkennen, doch im Befihe von nicht drei, sondern dreimal drei musikalischen Horatiern die Curiatier nicht scheuen, die man uns etwa zur Bestechung des künstlerischen Ehrenkampfes entgegen schicken könnte.

§. 2.

Anders steht es in England. Hier fehlt es nicht bloß an solchen producirenden Meistern, die sich mit den åltern italienischen und deutschen messen könnten, sondern es scheint auch an der Fülle von Liebe für diese Kunst zu fehlen, die allein uns ihre Bedeutung erkennen lehrt. Was aber das Schlimmste ist; wir treffen bei ihnen eine Anzahl von Urtheilen über die Musik und deren Idee, die von einem so entschiedenen antimusikalischen Gemüthe der Urheber zeigen, daß wir uns wohl ein wenig davor entfehen möchten. Freilich wenn Samuel Johnson Shakspeares Liebe für die Musik årgerlich misbilligt, und Steevens Lorenzos Ausspruch (im „Kaufmann von Venedig“) über dieselbe ein capricious sentiment zu nennen wagt, so soll darauf kein sonderliches Gewicht gelegt werden, denn wir kennen diese Månner bereits in ihrer kühlen Abgeschlossenheit. Auch Ad= dison soll uns mit seiner Abneigung gegen die Tonkunst wenig kümmern, und er mag dafür als Lohn hinnehmen, daß schon Lessing seinen „Cato“ im eigentlichsten Sinne um das Leben gebracht hat; welches ihm freilich leicht

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