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Ihm ist es denn auch gelungen, in Richard dem Dritten als dem Mittelpunct aller Gråuel des Bürgerkrieges, welcher aus der Entzweiung der Häus fer York und Lancaster erwuchs, das vollendete Böse, was sich selbst als solches weiß, denn dies Wissen ist seine Vollendung, in dem Menschen selbst darzustellen. In neuerer Zeit hat bei uns Schils ler im Franz Moor und im Mohr des Fiesko Aehnliches versucht. (Lessings Marinelli). Lord Byron, der größte, innigste und phantasiereichste aller skep. tischen Dichter, mit dem weder Foscolo noch Heine um den Preis ringen können, hat in seinem Cain, der auch für Geßner, Müller u. a. Aufgabe war, das erste rechte Böse, die erste entscheidende Entzweiung im unmittelbar sittlichen Dasein, den Mord im Familienleben, zum Vorwurf einer seiner besten Tragödien gemacht. Im Manfred hat er die vollige und in jeder Hinsicht äußerste Zerrissenheit des Selbstbewußtseins dargestellt, wie sie in ihrer dem Inhalt nach gleichen und nur formellen Unterschieden. heit nach anderen, also eigentlich stillestehenden und deshalb so gråßlichen und martervollen Bewegung der Kern eines hohen Lebens ist. Rötscher hat in dem der Tollinschen Uebersehung vorangeschickten Vor wort die Tragödie gänzlich zu rechtfertigen gesucht und meint, Manfred fange da an, wo der mit Allem fertig gewordene Faust aufhöre, womit wir nicht übereinstimmen können, weil Faust am Schlus

se des ersten Theiles der Tragödie im Beginn der höchsten Wiedergeburt steht und durch die erlittene Qual und das Wegsterben seines alten Lebens zu dèr vom Herren verheißenen Klarheit kommen wird. Die neblige Vergangenheit Manfreds, welche seine Vers brechen wie sein in Geistreichigkeit schwelgendes Leben und mit beiden den Grund seiner Entzweiung birgt, erweckt im Anfang das Interesse, die in vers schiedenen Situationen vorgestellte angstvolle Berrüt tung dieses unglückseligsten aller Geister sich wahrhaft auflösen zu sehen. Indem aber im weiteren Verlauf diese berechtigte Erwartung in der beståndig trüben Haltung unbefriedigt bleibt, ermattet das Interesse und endet das Ganze im Tode Manfreds ohne rechte Bersöhnung für das anschauende Bewußtsein. Denn da Manfred die Wahrheit vollkommen weiß und in diesem Wissen nicht Frieden noch aus ihm die Ger walt hat, seine scheußliche Vergangenheit als eis nen nichtigen Frevel hinter sich zu werfen und sich gegen sich selbst zu kehren, bleibt er nicht blos im Widerspruch stecken, der ihn als Stimme der Natur, des einfach sittlichen Lebens, voriger Liebe, des kirchlichen Glaubens und bösen Gewissens ergreift, sondern spiegelt er sich in dem Bewußtsein, daß er unter allen Geistern derjenige sei, wel, cher wohl allein diesen harten, zur höchstenSpannung gediehenen Widerspruch auszuhalten vermöge. Diese Krankheit der Reflexion,

eben das Unpoetische dieser an schönen Einzelheiten so reichen Tragödie, kommt auch in den zu keiner rechten Einheit zusammenstimmenden Elementen der schweizerischen Alpen, der Wasserfee, des Ahriman, des katholischen Abtes u. s. f. zum Vorschein, wogegen unser Faust eine so wohlgerundete als wirklichkeitvolle und mannigfache Anschauung der Welt darbietet.

In der klassisch romantischen Phantasmagorie Helena hat Göthe dieselbe auf's höchste erweitert und eine der vortrefflichsten Allegorieen gedichtet, welche es überhaupt gibt. Dem Griechischen Volk stand die Aphrodite wohl ungefähr in dem nåmli. chen Verhältniß zur Helena, wie uns die Eva oder ein Gretchen zur Maria. Helena nun als die Schön., heit wird von dem antiken Leben in das moderne, dessen allgemeines Bewußtsein Faust ist, hinüberge führt. Die Tapferkeit und der Reichthum huldigen der Schönheit und sie erzeugt mit der weltumfassen den Innerlichkeit die junge ihres Wesens selbstbewußte und in dieser Freiheit webende Zeit, welche aber zuerst sich einseitig nach Außen (die Mådchen, der Krieg, die rauschende Leier) kehrt und in dieser Gestalt zerschwimmt. Helena oder die Schönheit als solche sinkt dem schönen und brausenden Euphorion in die Unterwelt nach. Faust ist es, der sie überlebt und, als ihr lebendiges Grab, was sie waren, weiß; nicht die Schönheit für sich, nur die zugleich gemüthlich tiefe Schönheit, und nicht die

eigene Macht des Selbstbewußtseins für sich, sondern dieselbe nur als von dem an und für sich seiens den Wesen durchdrungen, kann ihm genügen. Das Böse ist hier als das die Uebergänge vom Antiken in das Romantische des Mittelalters und von diesem in das der neuen Zeit vermittelnde Moment vorges stellt, weshalb Phorkyas ganz richtig unter dem Volk, dessen Leben die Kunst, die Hervorbringung und der Genuß des Schönen war, als Håßlichkeit, spåter als der kluge und spåhende, die spielende Empfindung des Hofs der Liebe abbrechende Verstand erscheint, der am Ende, als Schönheit und Jugendmuth vergangen und Faust von ihnen fort zu einem um diesen Verlust reicher gewordenen Bewußtsein erhoben ist, sich als Mephistopheles riesig ent- ' hüllt, nachdem die ganze Welt in ein wirres und buntes Bacchanal der erdigen, wässrigen, luftigen und feurigen Partei fortzuschwärmen begonnen hat. Die Fortsehung des Faust in dem, was Göthe den zweiten Theil genannt, geht ganz aus dem Faustischen heraus und behålt nur die Anschauung der bunten von Mephistopheles bewegten Welt.

Neben Faust als dem mit Glauben und Leben durch den Drang nach Wissen und höchstem Genuß Entzweieten steht Don Juan als diejenige halbmys thische Figur da, welche mit dem Leben versöhnt, ohne Glauben, den des Lebens schöne Oberfläche genießenden Leichtsinn bis zum Verbrechen treibt,

welches sodann seinen innern, und, weil von Gott ge. festen, unlösbaren Zusammenhang mit dem Recht in seinem grauenhaften Untergang, bei dem des Gerichtes zermalmender Posaunenton schallt, offenbart und erkennen läßt, wie auch im leichten und heiter schwer benden Spiel die Tiefe nicht schlafe. Don Juan stellt wohl mehr die eine Seite vom Geist der Romanischen Völker, Faust mehr das zerrissene Gemüth des Deutschen Volkes vor. So ergibt sich die Beziehung beis der Charaktere auf einander von selbst. Schon im ersten Theile der Ruinen am Rhein. (Frankfurt a. M. 1809. 8) im Fårberhof oder die Buchdruckerei von Nic. Vogt, ist Faust's Geschichte mit der des Don Juan vermischt. Jest hat Grabbe in einer Tragödie beide Elemente so vereint, daß man ein ziemlich gut gezeichnetes Spiegelbild der Mozart'schen Oper und eines Faust hat, welcher Anklänge aus dem gigantischen Wesen des Göthe'schen mit dem theatralischen Effect des Klingemann'schen zu verbinden strebt. Doch. läßt diese in der Sprache ausgezeichnete Arbeit noch Manches zu wünschen übrig; das Phantastische darin überschlägt sich oft, z. B. wie Faust seine Geliebte sterben läßt; aus dem Leporello hätte mit mehr Humor viel werden können; jest vermißt man noch zu vieles, was die Musik schon ausgedrückt, der Wis der Rede aber noch nicht erreicht hat.

Daß Charaktere, welche nur im Erschöpfenden sich genügen können, welche mit Allem, was ist, in

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