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interessieren, der unverrückt für seine Ueberzeugung gestritten und gelitten hat, zumal wenn es uns in so meisterhafter Darstellung entgegentritt, wie im ersten Band des obigen Werks. Vortrefflich ist diese inhaltlich, besonders durch die Gerechtigkeit, mit der Diesterwegs Bestrebungen nach den Antrieben gewürdigt werden, die ihm von Zeitumständen kamen; vortrefflich aber auch der Form nach: man wird durch die Erzählung so gefesselt, daß man sie ungern aus der Hand legt, bevor man zum Schluß gelangt ist. Von objektiver Würdigung des Mannes zeugt auch die Partie, wo der auf humanistischer Seite stehende Biograph von dem Streite Diesterwegs mit Fr. von Thiersch handelt. Uebrigens dürften fich die meisten Humanisten heutzutage mit dem einverstanden erklären, was Diesterweg in dem Auffaß über Guths Muths von Gymnasium und Realschule sagt.

Rückblick auf die Geschichte der Lateinschule und des Gymnasiums Fridericianum zu Laubach in Hessen. Bon Prof. Dr. A. Roeschen. Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Gymnasiums. Grünberg 1900. 54 S.

Eine Geschichte der Anstalt von 1555 an, wo die Lateinschule gegründet wurde, voll von interessanten Einzelheiten, wozu wir z. B. den Besuch rechnen, den 1717 Hermann Aug. Frande der Lateinschule abstattete, und die Lektionspläne aus den Jahren 1695 und 1714.

Reden und Vorträge von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Berlin, Weidemann, 1901. 278 S. in 8°. 6 Mk.

Die Kraft, philologische Jünger zu ein= dringendem wissenschaftlichem Arbeiten anzuregen, und die Gabe, weitere Kreise für das griechisch-römische Altertum begeisternd zu interessieren, erscheinen bei einer Ümschau über die akademischen Lehrer der klassischen Philologie in jeßiger und früherer Zeit nicht häufig mit einander verbunden. Bei v. Wilamowie zeigt sich diese Verbindung zweifellos in hervorragender Weise. Daß er auch das zweite Vermögen in hohem Grade besigt, wird Jeder, der es nicht sonst schon wüßte, bei Lektüre der obengenannten Sammlung erfahren.

Das erste Stück darin ist zwar weder geredet noch vorgetragen worden, hat aber doch wie Manches, was W. von vornherein zum Lesen geschrieben, vielfach den Ton einer Ansprache: Was ist Uebersegen?" wiederabgedruckt aus der größeren Ausgabe des Hippolytos. Gleich im Eingang der Ausdruck eines warmen Enthusiasmus für die altgriechischen Schriftwerke. „Wir Philologen, die trocknen Schleicher, die am Buchstaben haften und grammatischen Haarspaltereien nachhängen, haben nun einmal auch die Ver= kehrtheit, daß wir mit ganzem Herzen die

Ideale lieben, denen wir dienen. Diener sind wir freilich, aber Diener unsterblicher Geister, denen wir den sterblichen Mund leihen.“ „Davon abzukehren [von der Anbetung der Götter, die da heißen Gold, Sinnengenuß, Ehren], keineswegs bloß ästhetisch und intellektuell, sondern sittlich, ist das Hellenentum oder vielmehr seine Seele, die nicht mit dem Leibe gestorben ist, noch sterben wird, sehr wohl im Stande. Dazu bedürfen wir seiner: ich weiß nicht Vieles, was das ebenso gut könnte." Wir haben wörtlich citiert, weil aus diesen Worten erhellt, daß v W. keineswegs nur Sinn für das historische Begreifen des Griechentums hat.

Philologische Arbeit wird dabei ausgeführt ist es allerdings eigentlich nicht, wenn man eine Uebersehung schafft, die dem des Urtertes unkundigen Leser ähnliche Vorstellungen und Gefühle erwecken soll, wie das Original sie einst erzeugt hat und dem Kundigen noch jest erzeugt. Indes die Arbeit kann, wenn überhaupt, nur von Philologen geleistet werden. Wer nun das philologische Verständnis besigt und sich zugleich die Herrschaft über die Muttersprache zutraut, der soll versuchen, der eigenen Nation die Ideale zu zeigen, die ihn selbst begeistern, eine nationale Pflicht. Es leuchtet ein, daß hier von einer Art von Uebertragungen die Rede ist, die sich zu der großen Masse der Versionen von den berufensten Ueberseßern" verhält, wie ein gelungenes Porträt zu einer Karifatur: denn den Eindruck einer solchen machen doch zumeist die sogenannten wortgetreuen und versgetreuen Ueberseßungen. Freilich dem, der einer gedruckten Hilfe zum wörtlichen Verständnis des Originals bedarf, ist nur mit der Karikatur gedient, und so wird sie nicht aussterben. Für die Befähigung aber, Porträts zu schaffen, stilgetreu zu übersehen, stellt W. hohe Bedingungen; die höchste: „Man dürfte jedem das Uebersezen aus einer Sprache verwehren, der nicht stilgerecht in sie zu überseßen versteht." Da müßte die Polizei ja nicht bloß gegen die Schwabs und Osianders aufgeboten werden. Immerhin ist klar, daß, wer die Bedingung erfüllt, dadurch an Fähigkeit zum Ueberseßen aus der Fremdsprache ungemein gewinnen_wird, ähnlich wie auch zum Kritiker antiker Dichter ungleich befähigter sein wird, wer in deren Weise selbst zu sprechen vermag (man denke an G. Hermanns griechische Uebersehung von Szenen des Wallenstein). Wie sich aber W. stilgerechte Ueberseßungen ins Griechische denkt, zeigt er durch Uebertragung von Nibelungenstrophen in homerische, von einem Goethischen Lied in sapphische Verse, von einem Stück der Pandora in jambische Trimeter.

Die überall anregenden, allerdings nicht selten zum Widerspruche reizenden Erörterungen bringen uns auf den in den leßten Zeiten usque ad nauseam wiederholten Ruf: „Ueberseßungen der griechischen Autoren statt der Originale in den Schulen! Davon haben

die Schüler ebensoviel wie von der Lektüre der Originale; nein mehr: denn sie brauchen sich nicht zu plagen.“ Und dabei ist gern auf Wilamowizens Uebertragungen griechischer Tragödien als einen voll gültigen Ersay hingewiesen. Wie er selber darüber denkt, daß man es angesichts guter Uebersezungen bleiben lassen solle, die Jungen Griechisch zu lehren, geht ja wohl aus seinen Aeußerungen in der Junikonferenz genügend hervor. Wenn er den Vorschlag, das Griechische als wahlfreies Fach zu behandeln und das Englische zum Stellvertreter zu machen, als persönliche Attaque fühlte, so wird ihm der Gedanke, an Stelle der griechischen Stunden Uebersegungslektüre treten zu lassen, nicht anders vorkommen. Aber es wird immer Leute geben, die nicht begreifen, daß das Erlernen einer Sprache und das Bemühen, mit Hilfe dieser Kenntnis die Worte eines in dieser Sprache geschriebenen Werkes richtig zu deuten, von der Lesung einer Version in dem Grade verschieden sind, wie eine Gebirgstour von der Lektüre ihrer Beschreibung.

Die wirklichen Reden, welche der Sammelband enthält, sind alle in amtlicher Eigenschaft von W. an der Greifswalder, Göttinger oder Berliner Universität gehalten, vier und wohl die fesselndsten an kaiserlichen Geburtstagen. Starke Aufregung und Widerspruch erregte unter ihnen die Göttinger Pro-ektoratsrede vom Jahr 1892 „Philologie und Schulreform", einmal durch die Schilderung vollständiger Gesunkenheit des klassischen, insbesondere des griechischen Gymnasialunterrichts in Preußen, dann durch die Erklärung, daß der philologische Universitätsunterricht nicht künftige Gymnasiallehrer kenne, sondern nur Jünger der Wissenschaft. Beide Behauptungen erschienen nicht nur falsch, sondern zugleich hochgefährlich. Und in der That bemächtigten sich die Gegner der klassi= schen Schulstudien alsbald der Wilamowiziichen Aeußerungen, um zu beweisen: „Hinaus jedenfalls mit dem Griechischen aus der Schule auf die Universität!" Besonders dieses Kampfgeschrei bewog uns zu einer längeren Einsprache in dem IV. Jahrgang des Humanist. Gymnasiums S. 131 ff., wo wir außer Anderem die griechischen Scripta und die Nebersegungen aus dem Griechischen von Abiturienten verschiedener badischer Gymnasien aus den leztverflossenen Lustren veröffentlichten, aus denen hervorging, daß in Baden bei der gleichen Zahl griechischer Stunden, wie sie in Preußen seit 1892 reglementarisch ist, ein sprachliches Wissen und eine Befähigung zum Verstehen auch schwierigerer griechischer Autoren erzielt wurden, welche die dieser Sprache gewidmete Zeit als recht wohl an= gewandt erwiesen. Die Folgen meines Aufsages waren verschiedenartig. In der zweiten badischen Kammer wurde auf Grund der publizierten Leistungen von einem Mitglied die Behauptung erhoben, man gehe im griechischen Unterricht viel zu weit. Von anderen

Seiten empfing ich briefliche Zustimmungen zu meinen Einwendungen. Am willkommensten war mir ein Brief von Wilamowiß selbst, der erklärte, wie sehr es ihn freue, daß anderswo noch der griechische Unterricht eine Frucht trage, die der Mühe wert sei, und er glaube einem Sachverständigen durchaus, daß die angesezte Zeit ausreiche. Aber in Preußen werde solches Ergebnis nicht erzielt. Der Grund, warum ich über günstigere Eindrücke verfügen könne, liege wohl in der Zurückdrängung, die an preußischen Gymnasien die Grammatik erfahren habe, und in der ebenda eingetretenen Beschränkung der häuslichen Arbeit.

Der durch die Wilamowißische Rede notwendig hervorgerufenen Ansicht aber, daß der Redner meine, die Universitäts-Philologen hätten sich um den klassischen Schulunterricht und die Heranbildung philologischer Lehrer gar nicht zu kümmern, hat W. durch sein Wirken in der Junikonferenz deutlich widersprochen. Er hat in der Vorrede des in Rede stehenden Buchs zu gleicher Zeit seinen Pförtner Lehrern ein Denkmal gesezt und seiner Schäßung des Wertes, den die Einwirkung der Schule besigt, in so schöner Weise Ausdruck gegeben, daß ich nicht umhin kann, den größten Teil dieser Aeußerung hierher zu seyen:

Es ist etwas Herrliches um den Lehrerberuf, ganz besonders des Lehrers in den obersten Klassen der Knabenschule, wenn nur die Schule danach ist; die papiernen Vorschriften werden dann auf dem Papier bleiben. Der Universitätslehrer ist dem gegenüber ganz untergeordnet; er taugt herzlich wenig, wenn er die Kommilitonen als Schüler ansieht: er kann im besten Fall der Thiasarch von Mitlernenden und Mitsuchenden sein. ́Aber der Lehrer, der die schlummernde Psyche weckt, oder der erwachenden die ersten Flügelschläge lenkt, ist Träger der göttlichen Kraft jenes Eros, der der Mittler ist zwischen Menschen und Göttern. Einerlei ob diese fünf Männer [Carl Peter, August Koberstein, Carl Steinhart, Friedrich Buchbinder, Wilhelm Corssen, deren Andenken das Buch gewidmet ist] uns Mathematik oder Grammatik lehrten, lateinischen Stil oder mittelhochdeutsche Verskunst; einerlei auch, ob sie mehr oder weniger päda= gogisches Talent besaßen (es ließ bei dem und jenem manches zu wünschen übrig) oder durch allerlei Menschlichkeiten anstießen oder abstießen: solche wirkliche Lehrer waren sie alle, ein jeglicher in seiner Weise, vollkommen in ihrer Vereinigung. Ich will sie hier nicht charakterisieren, aber bekennen will ich, daß ich ihnen auch für meine Wissenschaft mehr verdanke, als allen meinen akademischen Lehrern zusammengenommen, so hervorragende Gelehrte darunter waren. Aber jene Pförtner Lehrer wirkten eben nicht nur, ja nicht vorwiegend, durch den Inhalt ihrer Unterweisung, obwohl sie garnichts hätten wirken können, wenn sie nicht alle wissen

schaftlich tiefgebildete und fortarbeitende Männer gewesen wären. Sie standen vor uns als in sich gefestigte ganze Menschen, die ihren Beruf übten mit heiligem Ernst, als ein von Gott übertragenes Amt in freier Freudigkeit, als die Träger eines heiligen Feuers, das sie uns in unsere Seele übertragen wollten."

Den Reden beigefügt sind vier Vorträge: „Der Zeus von Olympia“, „Die Locke der Berenike“, „Aus ägyptischen Gräbern“, „An den Quellen des Clitumnus" (ein Gedicht Carducci's). Wer von Nichtphilologen nicht das Beste thun kann oder will, nämlich alle vier lesen, der versäume jedenfalls nicht den dritten Vortrag: er wird aus ihm, abgesehen von anderen Belehrungen und von Ergözung, lernen, wie die Vorsehung in unseren Tagen durch neue Funde dafür sorgt, daß die alte Philologie sich fortwährend verjünge.

u.

Unser Kaiser und die Schulreform. Nachgelassene Schriften von Hofrat Prof. Dr. W. Preyer. Dresden 1900.

Der Herausgeber dieses kleinen Heftes von 42 Seiten, Dr. Willibald Geyer in Wiesbaden, hat dem Andenken Preyers einen schlechten Dienst erwiesen: dasselbe kann in Wahrheit keine andere Empfindung als Mitleid erregen. Es enthält einen Aufsaß „Der Kaiser und die Schulreform", eine Denkschrift über die Errichtung einer neuen deutschen Schule nach den Grundsäßen des Herrn Dr. Hugo Göring, einen Vortrag über denselben Gegenstand und am Schlusse den Abdruck des Briefes, den unser Kaiser als Prinz Wilhelm an den Amtsrichter Hartwich in Düsseldorf geschrieben hat.

Den ersten Auffay charakterisiert die Stelle auf der zweiten Seite, wo ganz unverfroren unserem Kaiser in dessen Rede vom 4. Dezem= ber 1890 die „Ansicht“ zugeschrieben wird, ,,den Realgymnasien müsse eine zum mindesten ebenso wichtige, wenn nicht wichtigere. Rolle, wie den humanistischen Gymnasien in unserem Bildungsleben zufallen“, während alle Welt wußte und weiß, daß die Kaiserlichen Worte in jener Rede eine scharfe und unzweideutige Absage an diese Schulorganisation enthielten, und der gewissenhafte Herausgeber, der die Verhandlungen der Dezemberkonferenz citiert, dies dort auf S. 74 lesen konnte und zu be= richtigen verpflichtet war. Der größere Teil des Aufsages polemisiert gegen Dr. Güßfeld, dem der Vorwurf gemacht wird, daß er seine Ideen unmittelbar, also als Plagiator den Schriften Görings und Preyers entnommen habe, ein Vorwurf in der That, von entseglicher Art. Der Beweis wird auf eine Weise geliefert, die wir mit einem der auf fünf Seiten zusammengebrachten Beispiele belegen wollen. Göring schreibt: „Der historische Unterricht muß mit der Geschichte Deutschlands beginnen. Dadurch wird das

Nationalgefühl des späteren Vaterlandsverteidigers früh geweckt. Die deutsche Geschichte ist von Anfang an bis in die Gegenwart so reich an großartigen Thaten, sie bietet so viele mustergiltige Beispiele von heldenhafter Tapferkeit, daß ihre Vernachlässigung gehandelt [es soll vermutlich heißen „getadelt"] werden muß." Güßfeld: „Neben der Be geisterung für die historischen Helden und großen Begebenheiten muß der Geschichtsunterricht auch die Pflege der Vaterlandsliebe im Auge haben. Das Mittel dazu bietet ihm die vaterländische Geschichte.“ Von gleichem Schlage sind alle übrigen Nachweisungen: es leuchtet von selbst ein, daß bei einer solchen Beweisführung die Zurechnungsfähigkeit aufhört.

Auch bei dem 2. und 3. dieser Aufsäge dürften wir nur aufs Geratewohl hineingreifen, um dasselbe Ergebnis vor uns zu haben, z. B. S. 24: „Die zweite Stufe [der deutschen Schule nämlich, vom 14. bis 16. Jähr] führt den Knaben durch die Interessenwelt des kaufmännischen Lebens, welches äußere Ordnung heranbildet, den Sinn für das Praktische weckt und den Blick über die Scholle erweitert." „Die Einführung in die neuere deutsche Litteratur wird durch die Lektüre einiger Gesänge aus Wilhelm Jordans Sigfriedsage, des Ingo von Gustav Freytag, fleinerer Dichtungen von Felix Dahn und dem Grafen v. Schack vermittelt und mit den Epischen Briefen von W. Jordan.“ „An den Schulfesten werden Dramen, wie Wallensteins Lager von Schiller, von den Schülern aufgeführt." Dem schließt sich würdig an, was über den Religionsunterricht dieser Stufe ebenda zu lesen ist und auf eine ebenso eigenartige Kenntnis der biblischen Litteratur schließen läßt, wie das eben Angeführte auf Kenntnis der deutschen. „Im Religionsunterricht werden das Johannesevangelium und die Briefe des Paulus und Jacobus erklärt.“ Es ist überall deutlich, daß man hier nicht etwa einen kräftigen Irrtum oder eine verkehrte Richtung zu bekämpfen hat, daß für eine regelrechte Kritik kein Raum ist, weil hier ein Schulreformngebäude mit jenem Material erbaut werden soll, das an die Luftsteine des Freiherrn von Münchhausen in Immermanns Roman erinnert.

Eines aber müssen wir noch bemerken, weil es der Herausgeber nicht bemerkt zu haben scheint. Unter oder hinter einer Schrift, die sich „Nachgelassene Schriften von Preyer" nennt, ohne Weiteres, als gehörte es dazu, einen Brief abzudrucken, den unser Kaiser vor 16 Jahren als Prinz geschrieben, ist unserm Gefühl nach eine grobe Unschicklichkeit und gegen jene bekannte parlamentarische Anstandsregel, die es verbietet, die Allerhöchste Person in die Diskussion streitender Parteien zu ziehen. D. Jäger.

Weltgeschichte. Unter Mitarbeit von dreiunddreißig Fachgenossen herausgegeben

von Hans F. Helmolt. Mit 32 Karten, 47 Farbendrucktafeln und 127 schwarzen Beilagen. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. 4. Band: Die Randländer des Mittelmeers. Mit 8 Karten, 7 Farbendrucktafeln und 15 schwarzen Beilagen. X, 574 Seiten, Ler. 8°. 1900. Preis geb. 10 Mk., brosch. die Halbbände je 4 Mk.

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Nachdem wir im Doppelheft 1901, I/II. S. 101 die Grundsäße dieses interessanten Unternehmens und den 1899 erschienenen 1. Band besprochen haben, wenden wir uns heute dem als zweiten erschienenen 4. Bande zu. Von Amerika (im 1. Band) ausgehend, schreitet die Gesamtbetrachtung nach Westen weiter. So führt der 4. Band uns von Afrika und Asien (Band 3) her auf die südöstliche Schwelle Europas. Gemäß dem Gedanken, daß Meere nicht allein Völker trennen, sondern auch verbinden, wird nach einem 1. Ueberblick über „den inneren geschichtlichen Zusammenhang der Mittelmeervölker" vom Reichsgrafen Ed. von Wilczek (44 S.) in sieben Abschnitten die Geschichte der Randländer des Mittelmeers gegeben, von welcher natürlich Einiges durch den 3. Band vorweggenommen wird. Dr. K. G. Brandis handelt II. von „den alten Völkern am Schwarzen Meere und am östlichen Mittelmeere" (114 S.), wozu auch die Makedonier zählen. Südwärts fortschreitend schildert uns Professor D. W. Walther III. „die Entstehung des Christentums und seine östliche Entfaltung (58 S.). IV. „Nordafrika" betitelt sich der von Dr. H. Schurz bearbeitete Abschnitt (36 S.), der uns füdwestlich weiter geleitet. Er führt die Geschichte dieser Region (Aegypten ist ausgenommen) bis zur Gegenwart. Nur die Vorgeschichte und das klassische Altertum dagegen behandeln die Abschnitte V. „Griechenland“ von Prof. Dr. R. von Scala (44 S.) und VII. „Štalien und die römische Weltherrschaft" von Prof. Dr. J. Jung (154 S.): die weiteren Schicksale dieser Länder sollen, um den 4. Band nicht allzuschr anwachsen zu lassen, im 5. und 6. ihre Behandlung finden. Die Geschichte Griechenlands reicht im 4. bis zu Alexander d. Gr., dessen Thaten selbst eingehend unter Abschnitt II. behandelt sind. Ebenfalls in Abschnitt II. ist die alte Geschichte Kleinasiens gegeben. Daraus wie auch aus der Anlage des ganzen Werkes, das nicht ein Volk dominieren lassen, sondern jedem gerecht werden will, begreift sich die Kürze des V. Abschnittes: scheint er uns doch noch unverhältnismäßig groß gegenüber dem VII. Abschnitte, der allerdings bis ins 6. Jahrhundert n. Chr. reicht. Einflüsse griechischen Geistes und Lebens werden natürlich auch außerhalb dieses Abschnittes geschildert. VI. Die Urvölker der Apenninenhalbinsel" von Prof. Dr. K. Pauli (18 S.) bereitet auf VII vor. Der VIII. Abschnitt, Die Pyrenäische Halbinsel“ von Dr. H. Schurz (82 S.), schließt den Länderring

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um das Mittelmeer. Das Register um= faßt 24 Seiten.

Zu den Mitarbeitern sind nach dem Titel dieses Bandes gegen den ersten drei weitere hinzugekommen. Der Bilderschmuck und die ganze Ausstattung sind in diesem Teile ebenso vortrefflich, wie im ersten. Erwähnen wollen wir die Reproduktion der „Alexanderschlacht“, „die genaueste aller eristierenden, nach einer von G. Sommer & Sohn in Neapel besorgten Kopie angefertigt“, die Hülsenschen ForumRekonstruktionen und das Mosaik mit dem thronenden Christus aus der Sophienkirche. Karten sind noch reichlicher als im 1. Band beigegeben: sie zeichnen sich durch_Klarheit aus, Namen sind darauf leicht zu finden.

Die Bedeutung und die Schwierigkeit eines so weit schauenden, umfassenden Unternehmens find uns bei Durchsicht dieses Bandes noch deutlicher als beim ersten entgegengetreten. Um so mehr müssen wir die Verlagshandlung wie den Herausgeber zu den bisherigen Leistungen beglückwünschen.

Diesem Glückwunsch sei der umfassendere, auf die am 1. August dieses Jahres begangene 75jährige Jubiläumsfeier des Verlagshauses bezügliche angeschlossen. Einem hierdurch veranlaßten Rückblick auf die Geschichte des Bibliographischen Instituts entnehmen wir die Notiz, daß Josef Meyer, geb. zu Gotha, 1826 in seiner Vaterstadt unter der genannten Firma mit sehr bescheidenen Mitteln das Buchdruckerei- und Verlagsgeschäft begründete und daß das erste Unternehmen ein „Korrespondenzblatt für Kaufleute" gewesen ist. Gegenwärtig befindet sich das Institut in cinem auf der Ostgrenze Leipzigs errichteten Gebäude mit einem Flächenraum von 6600 qm.

Dr. Hans Scheftlein (Gymnasialprofessor in Regensburg), Genealogischer Schulatlas. Regensburg 1899, Herm. Bauhof, gr. 8°. VIII. 34 Tafeln. 1,80 Mt.

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Ein solcher Atlas wie dieser hat uns lange gefehlt. Nicht zu groß Hochquart format, nicht zu dick, nicht zu teuer, enthält er alle Genealogien, auf die der Geschichtsunterricht Bezug nimmt." So urteilt treffend über das Werk Emil Wolff in den Neuen Jahrb. für Phil. u. Päd. 1901 (Jan.) S. 64; uneingeschränkte Anerkennung zollt ihm auch Oberstudienrat Dr. W. Markhauser in seiner eingehenden Besprechung Bayer. Gymin.-BI. 1899 (35) S. 346–348.

Während unser alter „Püg“ an rechter Stelle eine genaue Stammtafel brachte, werden neuere Lehrbücher mit solchen immer sparsamer, und doch ist das genealogische Element eines der hauptsächlichsten Mittel, größere geschichtliche Zusammenhänge und Verzweigungen zur Anschauung und zum Verständnis zu bringen.

Scheftlein hat vielfach im Anschluß_an das genealogische Handbuch der europäischen

Staatengeschichte von Ottokar Lorenz, der aber das Altertum gar nicht berücksichtigt, das für die Schüler Notwendige auf Grund langjähriger Erfahrung mit weitblickender 1msicht und selbständigem Urteil ausgewählt, genau durchgearbeitet und in einer Form geboten, die gleich beim ersten Anblick dank der reichen und scharfen Typenunterschiede gefällt und auch bei längerer Beschäftigung wohlthuend wirkt.

Es sind 34 Tafeln, für das Altertum 6 Tafeln (sagenhafte Abstammung der Griechen, Kekrops und Kadmus, Herakliden und Pelopiden, Achämeniden und Temeniden, Tarquinier und Scipionen, das julisch-klaudische Haus). Für die Geschichte des Mittelalters find berücksichtigt die Merovinger, Pippiniden, Agilolfinger, Karolinger in Ost- und Westfranken, in Italien und Burgund, die fünf deutschen Stammesherzogtümer, die Kaiserfamilien: besonders eingehend sind die Habsburger, Wittelsbacher und Hohenzollern_behandelt. Frankreichs und Englands Herrscherhäuser werden vom frühen Mittelalter bis auf die neueste Zeit recht übersichtlich vorgeführt. Für die Neuzeit sind auch noch andere außerdeutsche Länder (Rußland, Schweden u. s. w.) berücksichtigt.

Die Durchführung im einzelnen ist ebenso verlässig und sorgfältig als übersichtlich und geschmackvoll. Lokale Bedürfnisse werden nur selten eine Ergänzung oder Streichung als wünschenswert erscheinen lassen. Um doch ein paar Einzelheiten zu streifen, so bemerke ich: Tafel 3 ist mit Rücksicht auf die Tragikerleftüre wohl zu ergänzen Hippodameia-Pelops, Anaxibia-Strophios 2c.; ebenso bietet sich auf Tafel 7 wohl noch Raum für eine Ergänzung der gens Julia, wie man sie bei der TacitusLektüre benötigt, (Atia minor-Philippus, deren Tochter Marcia) und auf Tafel 7 Plaß für die wichtigen Verschwägerungen Theoderichs d. Gr. (vergleiche Gebhardt, deutsche Gesch. I, § 16). Das praktische Verfahren, bei einzelnen Namen durch Zahlen auf Fakta zu verweisen, würde sich noch öfter empfehlen, z. B. Tafel 18 Ruprecht der Rote (1386 Univ. Heidelberg), Taf. 26 Johann ohne Land (1215 M. Ch. lib.). Taf. 19 bei dem ersten wittelsbachischen Erzbischof (Ernst) von Köln ist das Jahr 1583 (Godesberg) wichtiger als sein Todesjahr 1612. Taf. 20 Friedrich Michael (kath. 1746). Taf. 31 bei Alfons XIII. das Jahr 1886, da er einige Monate nach dem Tode seines Vaters Alfons XII. geboren wurde. Bei den beiden Polenkönigen August II. und August III. wäre der volle Kurfürstenname beizusehen, ebenso bei Bernadotte Taf. 34 Karl XIV. Johann (Karl - Johannstraße 2c. ist in Schweden die übliche Bezeichnung). Dagegen wird beim deutschen Kaiser Karl VII. das „Albrecht" besser wegfallen und bei der Gemahlin Ludwigs XIII. Anna (= Anne d'Autriche) das „Maria“ (Taf. 15). Bei dem Bourbonen Karl III. von Spanien (= Don Carlos) wäre der Hinweis auf den Habs

burger Karl III. (= Kais. VI) anregend (Taf. 31); wohl auch bei dem Dänenkönig Friedrich V. (Taf. 32) der Klammerzusag (Klopstock). Der Druckfehler Taf. 4 Alexander 336-330 scheint der Nachbarzahl entsprungen; Friedrich der Freudige Taf. 13 berichtigt sich durch Taf. 21 Friedrich der Freidige.

Zum Schlusse wiederhole ich: die Art, wie die großen und kleinen Herrscherhäuser ihre Zweige, ihre Berührungen, ihr Erlöschen, ihre Vererbungen zusammengestellt sind, ist so übersichtlich, so geschickt und zuverlässig, daß Scheftleins Atlas als ein wertvolles Hilfsmittel in der Hand jedes Schülers, besonders des Primaners erscheint. Mag der Lehrer die erste Orientierung für eine neue Epoche geben, mag seine Erzählung ins Einzelne gehen, mag er durch zusammenfassende Fragen mit den Schülern einen Rückblick auf das Durchgenommene werfen: immer ist der genealogische Atlas Hauptgrundlage, wie für die erdkundlichen Fragen der geographische. Regensburg. G. Ammon.

Zum gegenwärtigen Zustand des Unterrichtswesens in verschiedenen Ländern.

Frankreichs Schulen in ihrem organischen Bau und ihrer historischen Entwicklung mit Berücksichtigung der neuesten Reformen von Dr. Oskar Mey. Zweite, vollständig umgearbeitete und wesentlich vermehrte Auflage. Leipzig. Teubner 1901. 222 6.

Die erste Auflage erschien 1893. Sie beschränkte sich auf eine Darstellung des französischen Volksschulwesens. Jezt sind auch die Hochschulen und die gymnasialen und Real-Schulen in den Kreis der Betrachtung gezogen und damit ein Bild der großen Fortschritte entworfen, die das gesamte öffentliche Unterrichtswesen in Frankreich besonders seit dem Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gemacht hat. Auch für die humanistischen Anstalten bietet das Buch vieles, was man in der übrigens sehr dankenswerten Uebersicht über das höhere Schulwesen Frankreichs von Stropeno in Baumeisters Handbuch nicht findet, und die zahlreichen Litteraturnachweise führen zu weiteren Quellen der Instruktion. Die politischen Reflerionen der Vorrede verdienen entschiedene Zustimmung.

Daß sich französische Gelehrte und Schulmänner für das höhere Schulwesen in Deutschland interessieren, sind wir seit Victor Cousin gewöhnt. Das neueste Zeugnis dieser Art liegt uns vor in einem Büchlein des Verfassers der in Deutschland wohlbekannten Arbeit: la réforme de l'éducation en Allemagne au XVIII siècle, Basedow et le philanthropisme:

A. Pinloche. L'Enseignement secondaire en Allemagne d'après les Documents Officiels. Paris, Delagrave. 129 S.

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