,,arbeitsfähige behandelt, dann aber als erwerbsunfähig erklärt und auch als „Erkrankungen mit Erwerbsunfähigkeit" ausgewiesen werden. Es ist deshalb auch kaum statthaft, die Zahlen dieser beiden Tabellen ohne weiteres zu addieren.

Tabelle IV zeigt uns neben der Zahl der Erkrankungen und den Krankentagen auch noch die Zahl der Erkrankten für das Jahr 1906. Schon diese Tabelle lehrt uns, wie sehr ein einmal an Saturnismus erkrankt gewesenes Individuum zu abermaliger Erkrankung neigt. Noch viel krasser würden diese wiederholten Erkrankungen die ja meist nicht Neuerkrankungen, sondern akute Verschlimmerungen eines chronischen Leidens darstellen zur Darstellung kommen, wenn sich diese Ausweise nicht auf ein Jahr, sondern auf eine Reihe von Jahren erstrecken würden. Kaup1) hat ermittelt, daß in 4 Jahren 263 Anstreicher einmal, 85 zweimal, 25 dreimal, 10 viermal, 6 fünfmal, 1 achtmal, 1 neunmal erkrankt waren, und ich selbst habe feststellen können, daß eine Fransenknüpferin in 6 Jahren 10 mal an Bleikolik erkrankt war und 6 mal abortiert hat, während unter den Arbeiterinnen einer Metallwarenfabrik in 3 Jahren 52 einmal, 13 zweimal, 7 dreimal, 5 viermal, 6 fünfmal, 1 sechsmal, 2 siebenmal an Bleivergiftung erkrankt waren.

In Tabelle V habe ich versucht, für das Jahr 1906 die an mineralischer Vergiftung" Erkrankten nicht nach Kassenzugehörigkeit, sondern nach Beruf zu gliedern. Insbesondere kam es mir hier darauf an, unter den Mitgliedern der Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse die Metallarbeiter von den in Maschinen- und anderen Fabriken beschäftigten Anstreichern zu sondern. Es ist mir dies, da die Mehrzahl der Kranken mir persönlich bekannt war, bis auf einige wenige, die in die Rubrik verschiedene andere Berufe" aufgenommen wurden, geglückt. In diese Rubrik fanden sonst jene Aufnahme, die sich in keine andere der Rubriken gut einreihen ließen, so z. B. Emailleure, Seidenfärber u. a.. durchwegs Personen, die einerseits nicht mit metallischem Blei zu tun hatten, aber auch andererseits sich nicht in die Gruppe der Maler einreihen ließen.2)

Die Reichskommission der Krankenkassen Oesterreichs hatte die große Liebenswürdigkeit, über mein Ansuchen die mit ihr in Verbindung stehenden Krankenkassen der Provinz über das Vorkommen von Bleivergiftungen zu befragen, und die eingelaufenen Antworten mir zur Verfügung zu stellen, wofür ich ihr an dieser Stelle bestens danke.

Das Ergebnis dieser Erhebungen findet sich in Tabelle VI verzeichnet.

Ueber die Gründe, die dazu führen, daß in den Krankenkassen der Provinz nur so wenig Bleierkrankungen zur Ausweisung gelangen, wird später gesprochen werden.

Tabelle VII, die wir der Veröffentlichung L. Verkaufs „Die Arbeiter und die Bleierkrankungen" S. 28 (Volksschriften für Gesund

1) K. k. Arbeitsstatistisches Amt. Bleivergiftungen in hüttenmännischen und gewerblichen Betrieben. V. Teil. S. 26.

2) Auch 7 Erkrankungen an Merkurialismus finden sich in dieser Rubrik.

heitswesen und Sozialpolitik) entnehmen, gibt ein Bild von der Häufigkeit der Bleivergiftungen unter den Buchdruckern der Provinz.

In Tabelle VIII ist der Jahresdurchschnitt der Bleierkrankungen in den verschiedenen Krankenkassen, Vereinen und Betrieben, oder wo solches nicht möglich war, die in einem Jahre ermittelte Erkrankungshäufigkeit an Bleivergiftung angegeben, soweit uns Daten hierüber zugänglich waren. Die Daten über die Arbeiter in Bleihütten und Bleifarbenfabriken sind den Veröffentlichungen des Arbeitsstatistischen Amtes des k. k. Handelsministerium entnommen, die Angabe über die Wiener Bezirkskrankenkasse verdanke ich einer persönlichen Mitteilung.

Tabelle IX stellt den Versuch dar, die relative Häufigkeit der Bleierkrankungen in einzelnen besonders bleigefährlichen Berufen fest

zustellen. Die Daten über die Anstreicher und Lackierer sind der Veröffentlichung des Arbeitsstatistischen Amtes, die über die polygraphischen Gewerbe den sehr genauen Ausweisen der Wiener Gremialkrankenkasse der Buchdrucker und Schriftgießer entnommen, resp. aus ihnen berechnet.

Ueber die Häufigkeit der gewerblichen Bleivergiftung geben uns die obenstehenden Tabellen nur sehr unvollkommen Auskunft. Denn die Statistik der gewerblichen Vergiftungen ist eine höchst mangelhafte. Einer der gewichtigsten Gründe für die mangelhafte Statistik gewerblicher Vergiftungen liegt in der Leichtigkeit, mit der Irrtümer in der Charakterisierung des Leidens zustandekommen, das den Giftarbeiter zum Arzte treibt", sagt Lewin (Schriften d. Zentralstelle f. Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen, Nr. 28, S. 11). Da es kein Organ des menschlichen Körpers und keine Gewebsart gibt, die nicht durch bestimmte Gifte so erkranken kann, wie durch Leidensursachen anderer Art, so liegt die Möglichkeit vor, daß bestimmte Leiden solcher Giftarbeiter nicht als Folge einer Vergiftung, sondern als eine sich ähnlich gebende von selbst entstandene Krankheit angesprochen wird.“ Was Lewin hier von den Vergiftungen im allgemeinen sagt, gilt auch für viele Formen der Bleivergiftung und nur die charakteristischsten Erscheinungen derselben werden wenigstens in größerer Anzahl in die Statistik zur Aufnahme als Bleivergiftung" gelangen: so die Koliken und die Lähmungen. Die Magen-Darmkatarrhe, die habituelle Obstipation, die Veränderungen am Gefäßsystem und der Niere werden meist nicht in die Statistik der Bleivergiftungen eingereiht werden, ja auch der geschulte und erfahrene Arzt wird bei solchen Erkrankungen häufig nur schwer, manchmal gar nicht mit Sicherheit sagen können, ob diese