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Reinlichkeit ist das wichtigste Element der Hygiene!

Alle modernen Munizipalitäten verlangen von den Sanitätsbeamten Anordnungen, die unverfälschte (reine) Nahrung, unverdorbenes (reines) Trinkwasser, keimfreie (reine) Milch und frische (reine) Luft sichern. Große Summen, viele Bemühungen, Scharfsinn und Arbeit werden aufgewandt, ja die ganze Autorität des Staates wird aufgeboten, um das Volk gegen die Quellen der Unreinlichkeit und der durch diese entstehenden Krankheiten zu schützen; denn die moderne Hygiene hat nachgewiesen, daß die praktische Reinlichkeit die Grundlage jeder Gesundheitslehre ist, und daß nur die äußerste Reinlichkeit bezüglich Luft, Nahrung, Wohnung usw. den wichtigsten Anforderungen der Hygiene entspricht. Bis in die letzten Jahre scheint aber die physiologische Tatsache, daß die körperliche Reinlichkeit ein wichtiger Faktor für die Gesundheit ist, der Aufmerksamkeit der öffentlichen Behörden entgangen zu sein.

Trotzdem die Geschichte viele Beispiele für die Anerkennung dieser Tatsache liefert, ist sie doch nicht in den gesetzlichen Maßnahmen auf dem Gebiete des Gesundheitswesens zum Ausdruck gekommen. Das ist auch durch das fast vollständige Fehlen aller städtischen Fürsorge für körperliche Reinlichkeit in den meisten Ländern bewiesen. Diese eigenartige Erscheinung ist vielleicht auf den Gedanken zurückzuführen, daß die persönliche Reinlichkeit eine selbstverständliche Notwendigkeit ist, für die jedes Individuum selbst zu sorgen hat. Wir sind uns bewußt, wie schwierig, ja fast unmöglich es ist, das regelmäßige Baden durch gesetzliche Maßnahmen zu erzwingen, weil dies nothwendigerweise ein Eingriff in die persönliche Freiheit wäre, die dem Bürger höher steht als selbst die Gesundheit. In der Erkenntnis dieser Schwierigkeiten haben sich die städtischen Behörden nach römischem Vorbilde bemüht, den Sinn für körperliche Reinlichkeit zu erwecken und zu entwickeln, da sie ihn nicht erzwingen konnten. Die Flußbäder, die in vielen Städten aller Länder auf öffentliche Kosten errichtet wurden, legen Zeugnis für die Erkenntnis dieser Verpflichtung der Behörden ab und liefern den besten Beweis für meine Behauptung, daß die Gelegenheit für körperliche Reinlichkeit dem Publikum gegeben werden solle.

Flußbäder sind zwar erfrischend und angenehm, aber sie sind nicht im wahren Sinne des Wortes sanitär. Die Tatsache, daß dabei aus Schicklichkeitsrücksichten die Frauen ganz und die Männer teilweise bekleidet sein müssen, steht der Gründlichkeit der Reinigung entgegen. Die Benutzung von Seife ist unmöglich und ohne Seife kann Schmutz nicht beseitigt werden. Für die Reinigung sind also diese Bäder zwecklos. In den Großstädten sind die Flußbäder hauptsächlich von kräftigeren Personen besucht, die sich an der Erfrischung und dem lebhaften Tummeln im Wasser erfreuen. Diejenigen, die das Flußbad der körperlichen Reinigung wegen aufsuchen, sind in der Minderzahl, wie aus den Berichten der Badeverwaltungen in Boston und anderen Städten zu ersehen ist. Der Bericht der Baltimore-Bäderkommission (1906) zeigt, daß sich die Anzahl der in den Reinigungsanstalten gegebenen Bäder im Verhältnis zu den Flußbädern in sechs Jahren verdreifacht hat, ein Beweis, daß das Volk die Reinigungsbäder

höher schätzt als die bloße Erfrischung. Außerdem stellt der Bericht die bemerkenswerte Tatsache fest, daß das Verhältnis der von Frauen und Männern genommenen Reinigungsbäder 1: 16 ist, während dieses Verhältnis bei den Flußbädern 1:29 ist. Daraus geht hervor, daß das weibliche Geschlecht die Reinigungsbäder den Flußbädern vorzieht. Ich habe nichts gegen irgend welche Form von Bädern einzuwenden, welche das Baden befördert. Ich bin der Errichtung von Flußbädern nur entgegengetreten, weil sie nicht zur Reinigung des Körpers dienen, und ich es als Pflicht der Behörden betrachte, erst die notwendigen, und wenn es dann die Stadtkasse erlaubt, die weniger dringenden und Vergnügen gewährenden Institutionen zu errichten.

Festzustellen, daß es die Pflicht der Behörden ist, die Mittel für die Reinigung der Körper ihrer Arbeiter herzugeben, so daß sie unentgeltlich baden können, das war seit 17 Jahren mein Ziel. Weitere Beobachtung und Erörterungen mit intelligenten Widersachern haben meine Ansicht nur gestärkt.

Da körperliche Reinlichkeit von gleicher physiologischer Wichtigkeit ist wie die Reinheit der Luft, des Wassers oder der Milch, so ist es klar, daß die Hergabe der Reinigungsbäder von den Behörden in gleicher Linie mit der Versorgung von frischer Luft (Parkanlagen usw.) steht. Obgleich in New York große Summen für Reinigungsbäder ausgegeben wurden, so sind diese minimal im Vergleich mit den enormen Beträgen, die für die Errichtung kleiner Parks in dem Arbeiterviertel aufgewandt wurden. Letzteres führte ich erfolgreich an, als ich vor einem Komitee der Stadtverordneten der Stadt New York erschien, um die Vermehrung der Reinigungsbäder zu befürworten. nämlich klar, daß die Bäder das Aeußere des Körpers in gleichem Maße reinigen, wie die Parks das Innere reinigen. Ich brauche vor dieser Versammlung wissenschaftlich Gebildeter nicht diese Tatsache zu begründen, wie ich es den Laien gegenüber tun mußte, daß es nämlich ebenso notwendig ist, für die Reinigung der Haut durch Wasser und Seife Sorge zu tragen, als für die Reinigung der Lunge durch Zuführung frischer Luft.

Ich legte ihnen.

Wenn die Sorge für frische Luft nicht die Selbstachtung der Arbeiterklassen verletzt hat, so wird die Sorge für Reinlichkeit gewiß nicht diese Wirkung haben. Ganz im Gegenteil, die Erfrischung des Körpers nach dem Bade ist mit einem Gefühl des Wohlbefindens und geistiger Kräftigung begleitet, welches die Selbstachtung erhöhen muß, da diese Wirkung der körperlichen Reinigung ein Gefühl vermehrter Leistungsfähigkeit erzeugt, und der Arbeiter, der müde und erschöpft. in das Bad gegangen, aus demselben erfrischt und lebensfroh zurückkehrt. Es sind keine klingenden Phrasen oder Statistiken nötig, um die Wahrheit dieser Behauptung festzustellen. Jeder der verehrten Anwesenden hat persönlich die Wahrheit derselben erfahren. Ich war derartig davon überzeugt, daß eine Darlegung dieser Tatsachen bei den arbeitenden Klassen das Baden befördern werde, daß ich in großen Buchstaben an dem Eingange einer der New Yorker Badeanstalten die Worte anbringen ließ: Gesundheit ist Reichtum; häufiges Baden erhöht die Gesundheit." Dieser einfache Satz könnte wohl als Axiom weiser Sparsamkeit verwandt werden und solcherweise für die Behörden als

Leitsatz dienen, der sie veranlassen möge, ebenso freigebig in der Einrichtung von Reinigungsbädern zu sein, wie bei Herstellung der Parkanlagen. Wie ich immer befürwortet habe, diese Bäder sollen einem Jeden ebenso freistehen, wie die Parkanlagen; der Zugang zu dem gesundheitsspendenden Badewasser sollte ebenso unbehindert sein, wie der Eingang in die gesundheitsspendende Luft der Parks.

Im Jahre 1890 begann ich als Vorstand des Committee of Hygiene der New York County Medical Society für die unentgeltlichen Reinigungsbäder (Regenbäder) zu plaidieren. In meinem Referat stellte ich die folgenden Forderungen auf, auf die ich noch immer bestehe: 1. Die Regenbäder müssen in der Mitte der dichtbevölkerten Bezirke der Stadt gelegen sein. 2. Das Aeußere der Anstalten soll einfach sein, so daß die Armen nicht durch bauliche Pracht abgeschreckt werden. 3. Die Anlagen sollen so beschaffen sein, daß das Reinigungsbad ohne besondere Unbequemlichkeit und ohne Kosten oder großen Zeitverlust genommen werden können.

Bevor Prof. Lassar das Regenbad befürwortete, gab es kein öffentliches Reinigungsbad. Die ungeheuren Kosten der Wannenbäder, die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit, diese sauber zu halten, verboten sie als öffentliche Bäder.

Ein Beispiel aus meinen Studien soll das beweisen. Das PeacockBad in Pittsburg und das Lick-Bad in San Francisco sind Wohltätigkeitsstiftungen; das erstere ist ein Regenbad, das letztere ein Wannenbad. In dem Peacock-Bad ist das Bad unentgeltlich zu haben (Handtuch und Seife kosten 5 Cents, sind für Kinder frei; die meisten Badenden bringen ihre eigenen mit). In dem Lick-Bad kostet das Bad 10 Cents, obgleich nach dem Testament des James Lick es dem ganzen Volk frei sein soll", und es auch frei sein konnte, wenn die Administration eine moderne Anstalt gebaut hätte, wie ich ihr geraten habe.

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Hieraus ist zu ersehen, daß das Lick-Bad (Wannen) beinahe dreimal soviel gekostet hat, als das Peacok-Bad (Regen); daß wenn letzteres sich 10 Cents für jedes Bad zahlen ließ, wie das Lick-Bad, es einen Ueberschuß von Doll. 6437,00 haben würde, während das Lick Bad (Wannen) kaum seine Ausgaben mit den 10 Cents pro Bad deckt und sein Ueberschuß von Zinsen und Mieten abhängt.

Die große Ersparnis des Regenbades ist hier ganz klar, indem es 61% mehr Bäder in einem Jahre verabreicht, obgleich es 66° weniger gekostet hat. So ist hier praktisch mit einem Kontrollexperiment bestätigt, was Prof. Lassar in seinen ersten Vorträgen vertrat und was ich in meinem Plea for Public Baths" vor der Academy der Medizin im Jahre 1890 behauptete.

Berücksichtigt man die außerordentlichen Vorteile, welche die Reinigungsbäder für die körperliche, geistige und moralische Ent

wickelung und Erhebung in den arbeitenden Klassen geleistet haben. und leisten können, so besteht kein Zweifel daran, daß das Geld, welches für diese wichtige Sache hergegeben werden muß, enorm zweckmäßig und dem ganzen Volke dienend verwendet würde. Daß diese Tatsache seit meiner lebhaften und unablässigen Agitation während der letzten 17 Jahre gute Frucht gebracht hat, geht aus dem Bericht des Bureau of Labor der Regierung in Washington hervor (Bulletin 54. 1904. S. 1251. Department of Commerce and Labor), den das Ministerium auf meine Veranlassung in einem besonderen Heft erscheinen ließ. Folgendes ist diesem Bericht entnommen (S. 1251): Die New York Tenement House Commission des Jahres 1894 berichtete, daß von 255 000 Einwohnern der Tenements (Arbeiterwohnungen) nur 306 Badewannen zur Verfügung hatten; in Grand Rapids hatten nur 5% aller Einwohner Privatbäder; in Philadelphia kam eine Badewanne auf 155 Menschen. In Chicago waren 97 % Familien ohne Badezimmer; in Baltimore 92 %; in New York 97 %In der Erkenntnis dieser Verhältnisse, welche in den großen Städten in bezug auf Badegelegenheiten bestehen, hatten die Regierungen der Staaten New York und Massachussetts und der Stadt Chicago Gesetze beschlossen, welche die Einrichtung von öffentlichen Bädern zum Zwecke hatten.

Es war meine Absicht, eine ausführliche Geschichte der Einführung der öffentlichen (Frei-)Bäder zu liefern zum Anspornen derjenigen, die ihre Kräfte dem Dienste dieser enorm hygienischen Arbeit. widmen wollen, um zu beweisen, daß Ausdauer und Eifer alle Widerstände überwinden können! Doch die mir erlaubte Zeit genügt nicht. Es ist der schönste Erfolg meines Lebens, aus dem Bulletin of the Bureau of Commerce (S. 1254) Folgendes zitieren zu können: „Diese Bewegung, welche mit der Errichtung von Badehäusern in mehreren Städten durch private Wohltätigkeit entstand, hat eine solche Ausdehnung erlangt, daß jetzt die meisten der größeren Städte Reinigungsbäder auf öffentliche Kosten das ganze Jahr hindurch erhalten. Es ist klar, daß dieser Schritt die materielle und sittliche Wohlfahrt der ärmeren Klassen in diesen Städten gehoben hat."

IV, 6

Die gewerbliche Bleivergiftung.

Von

Geh. Reg.-Rat Dr. Wutzdorff (Berlin).

Unter allen gewerblichen Vergiftungen hat von jeher die Bleivergiftung wegen ihrer großen Verbreitung und wegen ihrer verderblichen Einflüsse auf den menschlichen Organismus eine hervorragende Rolle eingenommen, und trotz der fürsorglichsten Maßnahmen zu ihrer Verhütung ist es bis jetzt nicht gelungen, sie gänzlich zum Verschwinden zu bringen. Aus diesem Grunde ist sie bis auf die neuste Zeit Gegenstand eingehender Beratungen gewesen, so oft sich die Gelegenheit dazu bot, und soll auch auf diesem Kongresse auf Wunsch der Kongreßleitung gründlich besprochen werden, damit im internationalen Austausche der in den einzelnen Ländern gemachten Beobachtungen und Erfahrungen die auf ihre Vorbeugung gerichteten Bestrebungen gefördert werden.

Bevor ich meiner eigentlichen Aufgabe, die im Deutschen Reiche gegen die gewerbliche Bleivergiftung zur Zeit angewendeten Schutzmaßnahmen zu schildern, mich zuwende, bitte ich, einige allgemeine Bemerkungen als Einleitung voranschicken zu dürfen.

Die gewerbliche Bleivergiftung zeigt sich überall, wo bei der Arbeit eine Berührung mit metallischem Blei oder mit Bleiverbindungen stattfindet. Bei der großen Mannigfaltigkeit, in der Blei und Bleiverbindungen gewerbliche Verwendung finden, ist es kaum möglich, eine erschöpfende Aufzählung derjenigen Gewerbe zu geben, für welche von vornherein eine Bleivergiftungsgefahr besteht, oder in denen diese durch besondere Betriebsverfahren oder durch tadelnswerte Gepflogenheiten der Arbeiter herbeigeführt werden kann. Zudem würde ein solches Verzeichnis, selbst wenn es vollständig wäre, bei den schnellen Fortschritten der Technik und dem Aufkommen neuer Fabrikationsverfahren gar bald nicht mehr zutreffend sein.

man

Man macht sich kaum einer Uebertreibung schuldig, wenn behauptet, daß man auf das Vorkommen von Bleivergiftungen in der Mehrzahl aller gewerblichen Beschäftigungen gefaßt sein dürfe. In der Literatur sind die merkwürdigsten Ereignisse solcher Art verzeichnet, von denen nur wenige hier aufgeführt werden sollen, um zugleich zu zeigen, eine wie große Aufmerksamkeit gegenüber der Bleivergiftungsgefahr am Platze ist. Es wurden beispielsweise bei Näherinnen und Fransenknüpferinnen Bleivergiftungen beobachtet, weil die Seidenfäden, die sie mit dem Munde anzufeuchten pflegten, mit Bleizucker beschwert

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