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Bweite Abtheilung.

Die Quellen des englischen Rechtes.

1. Capitel.

Common Law und Statute Law.

Begriff und Quellen des Common Law. Precedence.

Particularrecht.

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Statute Law. Verhältniss des Statute Law zum

Common Law. Rescripte, Cabinetsordres, Reglements Bylaws.

Das Common Law, das englische Gewohnheitsrecht, wird deshalb »Gemeines Recht" genannt, weil es das gemeine Municipalrecht oder die allgemeine Rechtsregel durch das ganze Königreich ist. Denn obgleich verschiedene Particularrechte existiren, so ist dennoch das gemeine Recht Englands dasjenige Gesetz, welches hinsichtlich aller Dinge, Personen und Sachen Anwendung findet, und über allen besonderen Gesetzen steht." 1)

Das gemeine Recht Englands, welches öffentliches und Privatrecht nicht scheidet, ist daher die englische Verfassung. Die Quellen dieses Rechtes sind die ungeschriebenen Gewohnheiten der Einwohner des englischen Landes. Da das Common Law als Gewohnheitsrecht eben nur in der Uebung erkennbar ist, so sind die Entscheidungen der Gerichte Beweismittel dafür, dass irgend eine Rechtsauffassung Common Law ist. 2)

fälle

Die Entscheidungen der Gerichte und deren Regeln

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Präcedenz

müssen bei späteren Rechtsfällen beobachtet werden; es sei denn, dass sie absurd oder gegen die Principien des gemeinen Rechtes wären. 3)

Die Quellen des Gemeinen Rechtes sind nach Lord Hale „eben so unerforschlich, wie die Quellen des Nils." Die Grundlage desselben bildet das Sachsenrecht, nämlich die Gewohnheiten der Angelsachsen, die in grossen Zügen den Rechten aller germanischen

1) Burns Eccl. Law. Vol. I. Praeface pp. XXXVI — VII. 2) Comm. I., 163.

3) Toulmin Smith I., 195.

Stämme ähnlich sind. 1) St. Germain, ein gelehrter katholischer Jurist, der unter Heinrich VII. blühte, zählt fünf Quellen des gemeinen Rechtes auf:

1) Das Natur- und Vernunftrecht.

2) Das göttliche Recht.

3) Allgemeine Gewohnheiten.

4) Allgemeine Grundsätze und Maximen.

5) Particularrecht und locale Gewohnheiten.

Nach Bieners überaus gründlicher Forschung 2) beruht das Common Law auf folgenden Grundlagen: Zuerst auf dem angelsächsischen Gewohnheitsrechte, als Hauptquelle; den damit verschmolzenen Gesetzen der englischen Könige; dem aus der Normandie herüber gekommenen Gewohnheitsrechte, sodann auf theoretischen Begriffen des römischen Rechtes, die nicht ohne Einfluss auf's gemeine Recht bleiben konnten, auf der Doctrin juristischer Schriftsteller, und auf Entscheidungen der Gerichte. Es ist mit dem englischen Rechte wie mit der englischen Sprache. Nur höchstens davon ist fremde, nicht sächsische Legirung.

Eingeschränkt wird das gemeine Recht Englands durch locale Observanzen (particular customs) gewisser Grafschaften, Städte und Flecken. Diese Observanzen beziehen sich nicht auf's öffentliche Recht. Nicht allein die Legalität derselben, sondern auch ihre Existenz muss vor Gericht bewiesen werden und wird deren Vorhandensein durch den Ausspruch einer Jury offenkundig. Ausgenommen hiervon sind die Gewohnheiten des Gavelkind in Kent und anderer Theile Englands, wonach gleiche Erbfolge der Söhne eintritt, und die Gewohnheiten der borough-English wonach der jüngere Sohn succedirt. Denn auf diese Gewohnheiten müssen die Gerichte ex officio Rücksicht nehmen und brauchen dieselben nicht erst bewiesen zu werden. Gewohnheiten der City von London, werden durch Certificat von Mayor und Aldermen so wie durch den Mund des Recorder's als existent darbewiesen.

Ein Statut ist entweder ein neues Gesetz mit neuem Rechtsfundament, oder es ist einfach eine Declaration und Definition des Common Law. Das Statute Law ist das auf einzelnen Reichsbeschlüssen beruhende geschriebene Verordnungsrecht. Wie dies Statute Law, das seit 1233 oder 1238 aufkommt, allmälig das Common Law überwuchert, werden wir im Laufe unserer Darstellung sehen. Die grossen Freibriefe der Nation sind in der Regel Nichts, als Bestätigun

1) Bucher. Der Parlamentarismus. 47.
2) Das englische Geschwornengericht. 263 ff.

gen der alten Volksrechte. Von der Magna Charta haben wir bereits gehandelt. Ihr folgen vielfache Bestätigungsacte dieser Charta, sowie der Charta de foresta. Auch die berühmte Petition of right und spätere Gesetze Carl I., durch welche die Zwangsanleihen (compulsory loans) und die unter dem Namen von freiwilligen Geschenken (benevolences) versteckten Steuern als dem Gesetze zuwiderlaufend erklärt, eigenmächtige Einsperrungen und die Anwendung des Kriegsgesetzes abgeschafft, der Hof der hohen Commission und die Sternkammer aufgehoben wurden, bestätigten nur das alte Recht des Landes. Ebenso schaffte die aus der Revolution vom Jahre 1688 hervorgegangene Bill of Rights kein wesentlich neues Recht.

Dagegen giebt es Statuten, die allerdings in das Recht des Landes tief eingriffen und ganz neues, nicht aus dem Common Law hervorgegangenes Recht erzeugt haben. Wir rechnen hierzu:

1) die Einführung des 40-Shilling - Census unter Heinrich VI., durch Parlamentsstatut;

2) die septennial act, unter Georg I.;

3) die Pittsche und 1858er East India Bill; und

4) die Reform bill.

Rescripte und Reglements der Minister sind nur innerhalb ganz bestimmter im Gesetze vorgeschriebener Grenzen Rechtsquellen. Sie sind in Betreff ihrer Rechtsgültigkeit stets richterlicher Prüfung unterworfen. Wie weit das hinsichtlich der Statuten zulässig, ist, wie wir sehen werden, nach der modernen Praxis sehr zweifelhaft.

Cabinetsordres und königliche Proclamationen können nur bestehendes Recht ausführen, nicht aber Recht schaffen.

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Innerhalb ihrer Sphäre sind gewisse Corporationen berechtigt, sogenannte Bylaws Localstatuten, Willküren welche das Recht der betreffenden Corporation berühren, aber nicht gegen das Gesetz sein dürfen, zu erlassen.

2. Capitel.

Von der Equity (Billigkeit).

Richterliche und rechtsbildende Aequitas. Prätorisches Recht.

preussische Landrecht.

Das

Der englische Kanzler. Die Billigkeitsjustiz. Man unterscheidet im römischen Rechte zwischen der Aequitas, die der Richter bei Auslegung des Rechtes übt, und zwischen der Aequitas (Billigkeit) des Recht Sprechenden, welche das Recht fortbildet.

»Das reine Recht wird so gestaltet, dass es, ohne seine Consequenz aufzugeben, den begründeten Anforderungen auch des individuellen Wohls entspricht, es wird ein billiges Recht „aequum jus.“ Denn Billigkeit ist eben die Berücksichtigung der individuellen Unterschiede und ihrer Ansprüche." 1) Diese Billigkeit herrscht in jedem. Lande, in welchem es Gerichte und Recht giebt; sie ist keinem eigenthümlich. 2)

Jedes Recht zeigt bei Entwickelung der ökonomischen Verhältnisse gewisse Lücken, die der Richter ausfüllen muss. Im römischen Rechte erzeugte das Recht der Völker, mit denen Rom in Verbindung stand, durch den Richter über die Fremden (Praetor peregrinus) eine eigenthümliche auf dem Rechte der Fremden beruhende Justiz, deren Quelle das Jus gentium war. Wo das strenge Recht der Römer ein Rechtsverhältniss nicht kannte, da kannte es die Praxis des Praetors, und dieser ergänzte das eigentliche Nationalrecht durch das Recht der Nichtrömer. Ohne solche Ergänzung durch die Praxis. kann selbst die Rechtsprechung, die sich auf einen dickleibigen Codex gründet, nicht bestehen. So verordnen die jetzt obsoleten §§. 49. 50 der Einleitung des preussischen Landrechtes:

»Findet der Richter kein Gesetz, welches zur Entscheidung des streitigen Falles dienen könnte, so muss er zwar nach den in dem Landrechte angenommenen allgemeinen Grundsätzen, und nach den wegen ähnlicher Fälle vorhandenen Verordnungen, seiner besten Einsicht gemäss, erkennen. Er muss aber zugleich diesen vermeintlichen Mangel der Gesetze dem Chef der Justiz sofort anzeigen."

Setzt man für den preussischen Chef der Justiz im landrechtlichen Sinne, den König von England, so wird man vielleicht leichter sich den Begriff der Equity klar machen können.

Die englischen Reichsgerichte sind Gerichte, welche der König delegirt, deren Competenz man jedoch stets sehr fest innerhalb des gemeinen Rechtes abzuzirkeln gesucht. Der Civilprozess wird erst allmälig ihre Domäne, und bei zweien derselben nur unter gewissen Fictionen. Sie gewähren innerhalb ihrer Spähre nur Abhülfe nach gemeinem Rechte. Kommen aber Rechtsverhältnisse vor, welche das gemeine Recht nicht kennt, so wendet sich der Rechtsuchende

1) Puchta Pandecten §. 21. Glück Pandecten I, 194.

2) Bl. III. 426. Ein Gesetz aus dem vierzehnten Regierungsjahre der Königin Victoria verordnet, dass bei allen Acten die Worte, welche das Masculinum ausdrücken, auch das Femininum ausdrücken sollen, der Singular auch den Plural bedeuten soll, so lange nicht das Gegentheil bewiesen,

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in manchen Fällen im Mittelalter auch der Richter, ganz im Sinne der Verfasser des Landrechts an die Quelle des Rechtes, den König, und dieser, anstatt ein neues Gesetz zu schmieden, giebt die Sache seinem Kanzler, der häufig zugleich sein Beichtvater, und in der Regel ein Geistlicher ist, zu entscheiden. Dieser erkennt dann entweder nach Analogie-, nach philosophischem Naturrecht oder nach der sogenannten Raison ecrite, d. h. nach römischem oder canonischem Rechte, welchem er als Cleriker auch sein Prozessverfahren entnimmt.

Zugleich wird dem Kanzler auch eine ordentliche Gerichtsbarkeit des gemeinen Rechtes übertragen, die aber stets unbedeutend geblieben. In seiner Eigenschaft als prätorischer Richter und höchster Kronbeamte war es ihm natürlich auch möglich, Streitsachen, die eigentlich vor die Gerichte des gemeinen Rechtes gehörten, vor sich zu ziehen, da er nicht den Reichsgerichten untergeordnet, sondern ihnen coordinirt war, und so konnte er in vielen Fällen auch die Härten des Rechtes mildern. Allmälig erhält der Court of Chancery feste Regeln, welche sich zu Präcedenzfällen gestalten, nach denen in ihm erkannt wird. Equity ist daher nicht, was nach der Ansicht des Kanzlers billig, sondern was sich auf die Regeln und den Gerichtsgebrauch des Court of Chancery gründet." 1) (s. Buch V. c. 7).

Der Begriff der Billigkeitsjustiz ist demnach negativ zu fassen. Wo das Common Law und seine Gerichtshöfe keine Rechtshülfe gewähren, da kann noch eine Rechtshülfe nach Equity möglich sein.

3. Capitel.

Römisches Recht und Canonisches Recht.

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Misstrauen gegen

Eindringen des römischen und canonischen Rechtes in England.
ordnung dieser Rechte unter das gemeine Recht.
das römische Recht.

Entwickelung auf England.

Mangelnder Einfluss der continentalen Rechts

Wilhelm der Eroberer hatte seinen Thron auf einen engen Bund mit dem Papst zu stützen gesucht. Das canonische Recht des Continents drang daher vollständig in England ein, und mit ihm kam auch, wie das ja bei den geistlichen Gerichten überall der Fall war, das römische zur Anwendung. 2) Schon zur Zeit Stephans tauchte in England ein gelehrter Bologneser Vacarius auf. Aber seine Vorlesungen

1) Thomas Smith Elements of the Laws. Philadelphia 1853. p. 24. 2) Warnkönig Jur. Encyclopädie. 370.

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