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schaffung der grossen Jury für London gefordert. Der Minister des Innern motivirt die Bill damit, dass, da in London rechtsgelehrte Voruntersuchungsrichter angestellt wären, die grosse Jury überflüssig geworden!! So zieht ein Abfall von den Grundsätzen der Freiheit gleich einen neuen nach sich!

Die kleine Jury wird in England für Entscheidung aller möglichen Streitfragen, wie bei der Todtenschau, bei Feststellung von Entschädigungen und bei Expropriationen 1) zusammenberufen. Seit Eduard I. ist ein Census von 40s für die richtenden Freeholders eingeführt. Villains und Copyholders entschieden nur in Streitsachen ihrer Pairs. 4 u. 5 Will. a Mary c. 24 erhöht die Qualification und führt einen Census von 10 £ reinem Einkommen von freehold oder copyhold ein. Das Gesetz 6 G. IV. c. 50 bestätigt diesen Census, gestattet aber auch Leute, die auf Lebenszeit oder 21 Jahre einen Pachtbesitz von 60 £ Ertrag, oder Hauswirthe, welche mit 20 £ (in Middlesex mit 30 £) Grundrente zur Armensteuer eingeschätzt sind, und welche das gesetzliche Alter haben (21 bis 60 Jahre) in die Geschworenenliste aufzunehmen. Befreit sind vom Geschworenendienst: Pairs, Richter, Advocaten, Coroners, Gefängnissbeamte, Geistliche der Landeskirche, der katholischen Kirche, und Geistliche, welche registrirten Dissidenten-Gotteshäusern vorstehen, Offiziere, die nicht auf Halbsold, Aerzte, Wundärzte, Apotheker, Diener des königlichen Haushaltes, Lootsen, Zoll-, Accise und Postbeamte, und Mitglieder des Unterhauses.

In der ersten Woche jedes July - Monates erlässt der CountyClerk eine Aufforderung an die High Constables, die Jurylisten anfertigen zu lassen. Diese requiriren die Kirchenvorsteher und Armenaufseher, bis zum 1. September vollständige Urlisten anzufertigen. Die Friedensrichter prüfen diese Listen in einer Specialsitzung der Division. Die Namen aller Geschworenen werden sodann in's Geschworenenbuch (Juror book) eingetragen, und der Sheriff erhält die vollständige Liste eingesandt. Zu jedem Circuit deputirt er 48 bis 72, zu den Quartalssitzungen mindestens 24 Geschworene. Ist ein Ausländer angeklagt, so muss die Hälfte der Geschworenen aus Fremden bestehen. (Alien jury.)

Ursprünglich war die Jury nur eine Zeugenjury, indem die Gemeinde durch ihren Ausschuss ein Zeugniss für oder wider den Angeklagten abgab. Sie entschied auf Grund ihres eigenen Wissens. Nach neuerem Rechte soll durch contradictorisches Beweisverfahren der Jury erst die Wissenschaft von der Schuld oder Nichtschuld des

1) Bowyer 428.

Angeklagten beigebracht werden. 1) Dass die Jury früher in Busse und Strafe für ihr Verdict genommen wurde, gründete sich auf die alte Zeugenpflicht. Diese Verantwortlichkeit der Jury blieb auch bei dem Uebergang der Zeugenjury in die Urtheilsjury bestehen. Erst seit 1670 sind die Geschworenen für ihr Verdict nicht mehr verantwortlich.

Die Richter des gemeinen Rechtes sind seit dem 16. Jahrhundert darüber einig, dass im Criminalprozesse die Rechtsfrage durch die Richter, die Thatfrage durch die Geschworenen entschieden werden soll. Da die Unterscheidung zwischen Rechts- und Thatfrage aber sich in England nicht minder schwierig als in anderen Ländern herausgestellt hat, so belehrt der Richter die Geschworenen über die Rechtsfrage. Die Zerspaltung des Thatbestandes eines Verbrechens in lauter einzelne äusserliche Momente wird dadurch vermieden und ist der englischen Rechtsentwickelung fremd. Der Engländer betrachtet die Frage an die Jury, ob N. N. des „Mordes" schuldig sei, 2) vorzugsweise als Thatfrage. Was Mord ist, darüber belehrt der Richter die Jury. Forsyth sagt, dass die Geschworenen die Macht, aber nicht das Recht hätten, ihr Verdict gegen die rechtliche Belehrung des Richters zu geben. 3)

Der Schutz, den der Angeklagte im englischen Criminalverfahren findet, ist kein Product irgend eines Systemes, sondern nur die Aus

1) Niemand konnte überführt werden, den nicht 12 gute Männer eines Verbrechens bezüchtigt. Die Urtheilsjury bestand daher früher wahrscheinlich auch aus mehr als 12 Personen (wahrscheinlich waren es 23), von denen die Mehrheit 12 in Beziehung auf ihr Zeugniss wenigstens einstimmig sein musste. So wie die Jury jedoch aus einer Zeugenjury eine Urtheilsjury wurde, berief man nur 12 Männer, und diese mussten jetzt, wie die alte Zeugenjury die ihnen durch das Verfahren beigebrachte Wissenschaft von der Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten, einstimmig, d. h. zwölfstimmig bekunden. Die Jury der 23 ist geblieben: Bei der Anklagejury, bei der Jury der Lord High Steward (Pairs-Gericht in den Ferien), die eine wirkliche Urtheilsjury. Auch die Coroner's Jury ist gewöhnlich stärker als 12 Personen.

2) upon their oath say, that the said Peter Hunt is not guilty of the murder aforesaid. Bl. Comm. IV. Appendix IV. ed. von 1809.

3) Biener a. a. O. 201. Diese Belehrung werden gewissenhafte Geschworene befolgen. Sie geht nicht darauf hinaus, die Geschworenen von der Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten zu überzeugen, sondern den 12 Män. nern vorzuhalten, dass wenn sie diese und diese Thatsachen für bewiesen ansehen, dann Peter Hunt des Mordes schuldig sei. Dass englische Richter darin zuweilen ihre Befugnisse überschreiten, kömmt vor, wie z. B. im Bernard'schen Prozesse, und ist um so eher möglich, da die Praxis und nicht das Gesetz dem Richter in England Schranken gezogen.

bildung der Sicherung der persönlichen Freiheit. Sternkammer und hohe Commission hatten den Engländern einen genügenden Abscheu vor inquisitorischen Gerichten beigebracht, Jeffreys Brutalitäten sie gelehrt, wohin es führt, wenn der Richter die Rolle des tendenziösen Polizeimannes mit der seinigen vertauscht. In den politischen Prozessen der Tudors und Stuarts wurden Vertheidiger und juristische Beistände in der Regel nicht zugelassen. Die Zeugenvernehmungen waren geheim und schriftlich, und wurden die Zeugenaussagen im Audienztermin nur verlesen. So wurden Essex, so Raleigh gerichtet. 1) Im Gegensatz zu solchen Erinnerungen bildete sich die weise und noble Praxis, entgegengesetzt dem Prinzipe des Inquisitions-Prozesses: Niemanden zur Selbstbezüchtigung, sei es auch nur durch Ueberredung zu nöthigen.

Schon die Statuten Eduard IV. hatten zur Verurtheilung eines wegen Hochverrathes Angeklagten, 2 Zeugen für nothwendig erklärt. 2) Dieses dehnte man nach der Revolution durch 7 W. III. c. 3, §. 4 dahin aus, dass wenn verschiedene Acte des Verrathes Jemandem zur Last gelegt werden, jeder Act besonders durch 2 Zeugen bewiesen werden müsse. Wenn z. B. nur ein Zeuge bekundet, dass der Angeklagte N. N. Krieg gegen den König beabsichtige, ein Anderer allein bezeugt, dass er eine Verschwörung gegen des Königs Leben geleitet, so muss der Angeklagte wegen mangelnder Beweise freigesprochen werden. Zugleich führt dieses Gesetz die Zulassung eines Rechtsbeistandes zur Prüfung der Zeugen, und Controlle des Ganges der Verhandlung, und die Zulassung von Entlastungszeugen, welche vereidigt werden können, ein. 3)

Nach neuerem Statute 39 u. 40 G. III. c. 93 und 5 u. 6 Vict. c. 51 muss der Angeklagte nicht allein zehn Tage vor dem Audienztermin Abschrift der Anklageacte (Indictment) und Liste der Zeugen 4) und Geschworenen mit Wohnungsangabe, und mit Beifügung ihres Berufes erhalten, sondern es müssen ihm diese Actenstücke auch in Gegenwart zweier Zeugen übergeben werden. Seit 1833 ist auch ein Plaidoyer bei allen Felonies zugelassen, das bei dem üblichen Kreuzverhör in England viel weniger wesentlich, als bei einem anderen Gerichtsverfahren war. Der politische Tact der Engländer zeigt sich ferner auch darin, dass Hochverrathsklagen in drei Jahren verjähren.

1) Hallam Const. History I., 507.

2) Crabb 481.

3) Hallam III. 216.

4) Diese Liste erhält er schon seit 7 Ann. c. 21.

Hallam findet, dass die Statuten über Aburtheilung von Hochverrath trotz aller dieser Cautelen nicht ausreichten, um die Bürger hinlänglich zu schützen, da sie häufig lax angewendet werden. 1) Jedenfalls gewährt eine englische Urtheilsjury mit freiem Kreuzverhör, mit Richtern, die durch strenge Beweistheorien eingeengt sind, noch immer andere Garantien als die auf dem Continente für Aburtheilung von Hochverrath besonders errichteten hohen Gerichtshöfe, die ohne Jury entscheiden. Auch in anderen als Hochverrathsprozessen ist der englische Richter an eine feststehende Beweistheorie gebunden. So darf Niemand auf Grund nur eines Zeugen wegen Meineides verurtheilt werden.

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7. Capitel.

Der Kanzler und die Billigkeitsgerichte.

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Conflict des

Begriff der Billigkeitsjustiz. Der Beichtvater des Königs.
Kanzlers Ellesmere mit Lord Coke. Selden über die Billigkeitsjustiz.
Lord Redesdale's Urtheil. Grosse Gewalt des Lordkanzlers. Umfang
seiner Geschäfte. Gerichtsbarkeit nach Common Law. Umfang der
Billigkeitsjustiz. — Gerichtsbarkeit des Kanzlers auf Grund von Statuten.
Delegirte Jurisdiction. Willkür des Kanzlers.

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Milde Stiftungen.

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Verfahren im Kanzelei

Vice

hofe. Schleppender Geschäftsgang. Lord Eldon. Der Kanzler und die Parteiregierung. Masters in Chancery. Kanzler. Bagatellsachen ausgeschlossen. Bankerotthof.

-

„Die Billigkeitsgerichte beschäftigen sich mit Rechtsfragen, in welchen die Gerichtshöfe des gemeinen Rechtes nicht competent sind." 2) Den allgemeinen Begriff der Equity haben wir bereits oben (im 4. Capitel der dritten Abtheilung des allgemeinen Theils) kurz entwickelt. Die Scheidung von Law und Equity Courts ist England eigenthümlich. America hat sie nicht nachgebildet. Sie ist vortheilhaft für die Reinerhaltung der Rechtssprüche der Reichsgerichte, in welchen englische Juristen mit Recht die Wächter der englischen Freiheit erblicken.

Schon in der Normannenzeit ist der erste Caplan des Königs auch in der Regel persönlicher Secretair desselben (Cancellarius

1) Hallam Constitution history III., 225.

2) Brougham Constitution, 353.

regis). Es ist dies zwar ein Ehrenamt, doch fliessen dem Cance!larius die Geldbussen, welche der König verhängt, theilweise zu. Er heisst als Beichtvater des Königs, Keeper of the King's concience Gewissensrath des Königs. Indem ihm allmählig alle Streitsachen übertragen wurden, welche der König als höchste prätorische Gewalt zu entscheiden hatte, wurde er ein sehr wichtiger Mann im Staate. Schon unter Heinrich II. beschreibt John of Salisbury, in einem poetischen Briefe an Thomas Becket, den Kanzler als einen Beamten, der die Strenge des Rechtes mildern und der durch seine prätorische Gewalt Veraltetes und Schädliches abändern könne." 1)

Eduard III. verordnet am 24. Januar 1329, dass alle Beschwerden in Rechts- und Gnadensachen, die an ihn gelangen, durch den Kanzler gehen sollen. 2) Auf der Rückseite jeder Beschwerde, die an ihn gelangte, schrieb der Kanzler einen kurzen Bescheid. 3)

Dieser Beamte, welcher unter den Tudors für immer seinen geistlichen Character einbüsst, erlangte seine grosse Amtsgewalt nicht ohne schwere Kämpfe. Schon am Ende des 14. Jahrhunderts finden wir grosse Klagen des Unterhauses über den Kanzeleihof, namentlich wegen der kurzen Vorladungsfristen mit Strafandrohungen sub poena.

Bekannt ist der berühmte Streit zwischen Sir Eduard Coke und Lordkanzler Ellesmere vom Jahre 1616, bei welchem die Billigkeitsgerichte die Erhaltung ihrer selbstständigen Jurisprudenz durchsetzten. 4) Noch Selden greift jedoch die Billigkeitsjustiz an. Equity," sagt er, ist ein trügerisches Ding. Für's Gesetz haben wir ein Maass, und wissen wir, wie weit wir uns auf dasselbe verlassen dürfen. Equity richtet sich dagegen nach dem Gewissen

1) Quaerendus Regni tibi cancellarius Angliae
Primus sollicita mente petendus erit

Hic est, qui Regni leges cancellat iniquias
Et mandata pii Principis aequa facit,

Quid obest populo, vel moribus est iniquum,

Quidquid id est, per eum desinit esse. (Crabb 97.)

2) Volumus quod quelibet negotia tam communalem legem regni nostri Angliae, quam graciam nostram specialem concernencia penes nosmet ipsos habens ex nunc prosequenda eadem negocia videlicet negocia ad communem legem penes venerabilem virum electum Cantuariensem confirmatum Cancellarium nostrum per ipsum expedienda et alia negocia de gracia nostra concedenda penes eundem Cancellarium seu dilectum clericum nostrum custodem sigilli nostri privati.

3) Pauli III., 664.

4) BI. III., 57.

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